Jürgen Kuhlmann: Kat-holische Gedanken
Verheiratet und doch ungespalten?
Vorbemerkung: Dies schrieb ich Ende 1971 an meine damalige Verlobte und heutige Frau. Sie war damals erst seit kurzem in Deutschland und konnte kaum deutsch, so daß der Wortlaut an ihr vorbei ging. Tatsächlich war es kein Brief sondern ein Nachdenken zur Selbstvergewisserung. Ein evangelischer Mitbruder hat den Text damals kritisch kommentiert. [Zusätze 2003].
17.11.1971
Liebe M,
über diese Frage muß ich Klarheit gewinnen und auch Du sollst genau wissen, worauf Du Dich einläßt. Hören wir zuerst die berühmten Sätze, mit denen Paulus seinen persönlichen Zölibat begründet: "Das Wesen dieser Welt ist im Vergehen. Aber ich möchte euch ohne Sorgen wissen. Wer unverheiratet ist, sorgt sich um die Sache des Herrn, wie er dem Herrn zu Gefallen sein kann. Wer verheiratet ist, sorgt sich um die Sache der Welt, wie er seiner Frau zu Gefallen sein kann; und so ist er gespalten. Die unverheiratete Frau und das Mädchen sorgen sich um die Sache des Herrn, daß sie heilig seien an Leib und Seele. Die verheiratete Frau dagegen sorgt sich um die Sache der Welt, wie sie ihrem Mann zu Gefallen sein kann. Doch ich sage das zu eurem eigenen Besten; ich will euch keine Schlinge um den Hals legen, ich möchte vielmehr, daß ihr ehrenhaft und treu zum Herrn steht, ohne euch durch irgend etwas ablenken zu lassen." (1 Kor 7,31-35)Da ich in langen Jahren die Wahrheit und Freude dieser Lebens-Auffassung erfahren durfte, können wir es uns jetzt nicht so einfach machen wie die meisten Evangelischen. Sie verdrängen diese Sätze einfach. Eben war ich doch sehr erstaunt, daß im großen Wörterbuch von Kittel, das sonst jede Lappalie bespricht, unser entscheidendes Stichwort "gespalten" überhaupt nicht vorkommt und auch bei "Sorge" unsere Stelle nicht thematisch behandelt wird. Das scheint mir doch mehr als ein Versehen zu sein, vielmehr sozusagen ein blinder Fleck im Auge einer ganzen Konfession.
[Hierzu bemerkte mein evangelischer Freund: "Die Katholischen zitieren nicht Tim u. Tit mit den Aussagen über Episkopos oder Presbyter." Er bezog sich auf die sog. "frühkatholischen" - bei diesem Thema eher frühevangelischen? - Stellen Tit 1,6 und 1 Tim 3,4 f: [Der Bischof] "soll ein guter Familienvater sein und seine Kinder zu Gehorsam und allem Anstand erziehen. Wer seinem eigenen Hauswesen nicht vorstehen kann, wie soll der für die Kirche Gottes sorgen?"]
Sind sie [die Protestanten] sich der Rechtheit ihrer Pfarrhäuser vielleicht doch nicht so sicher wie sie tun? Dabei kenne ich selbst zwei Pfarrfrauen, deren eine einen gewissen "faktischen Zölibat" in ihrer Ehe beklagt, während die andere auch in ihrer Kirche den Zölibat gern eingeführt sähe, "damit nicht noch mehr Mädchen mein Schicksal erleiden müssen, trotz Ehe meistens allein zu sein."
Eine sehr schöne und behutsame Erklärung unserer Stelle findet sich hingegen bei dem großen Schweizer Theologen Karl Barth: "Ehe bedeutet auch in ihrer besten Gestalt und gerade in ihr gegenseitige Zuordnung und Bindung. In der Ehe muß man einander zu Gefallen leben wollen. Und alles hängt davon ab, daß man das tatsächlich will. Aber eben das kann dann auch "Sorge" nach sich ziehen: physische, allzu physische Inanspruchnahme, Bekümmerung, Aufregung, Belastung, Gefangennahme des Einen durch das Andere. Keine Ehe ohne Eheprobleme! "Ich will aber, daß ihr ohne Sorge seid" , sagt Paulus v.32. Er sagt es nicht darum, weil die Sorge, die gegenseitige Bemühung, sich zu gefallen, weil die Eheprobleme auch schwer und lästig sind, weil die himmlischen Rosen, die da ins irdische Leben gewoben und geflochten werden, notorisch in keinem Fall ganz ohne Dornen sind. Er sagt es aber eben darum, weil diese "Sorge" - verursacht durch das, was gerade das Beste, das Eigentliche in der Ehe ist - jene nun erst recht unzeitgemäße Ablenkung, Störung, Zerstreuung dessen bedeuten kann und nach seiner Sicht muß, der rebus sic stantibus ganz und gar beim Herrn beharren dürfte und sollte. Ob jenes Beste und Eigentliche in der Ehe ihn notwendig in Sorge verwickelt, ihm also notwendig diese Ablenkung bereitet? Die Frage steht auf des Messers Schneide. Und ob der Ehelose nun wirklich als solcher ein Unabgelenkter, ein für den Herrn und seinen Dienst Freier ist? Auch diese Frage dürfte auf des Messers Schneide stehen. Hier greift wohl nach beiden Seiten eben das ein, was Paulus die Verschiedenheiten der Gabe oder der Berufung nennt. Je nachdem wird man die erste und je nachdem wird man auch die zweite Frage mit Ja oder Nein beantworten. Paulus hat beide mit Ja beantwortet."
Daran können wir anknüpfen. Ich glaube, wir dürfen, für uns selbst, beide Fragen mit einem überzeugten "Nein" beantworten. Dabei ist die zweite Frage schon nicht mehr so wichtig, weil sie sich auf die Vergangenheit bezieht. Lassen wir darum die vielen Zölibatären, die wahrlich nicht frei für den Herrn sind, sondern bloß Sklaven ihrer eigenen Bequemlichkeit oder Karriere - lassen wir sie beiseite und fragen wir auch nicht, wie weit ich zu ihnen gehörte.
[Viele Katholiken meinen, das Konzil von Trient habe definiert, daß die Ehelosigkeit vollkommener als der Ehestand sei. Das ist aber falsch. Jene Theologen verstanden ihre Logik. Im Kanon 10 der 24. Sitzung wird zu sagen verboten, "der Ehestand sei dem jungfräulichen Stand oder der Ehelosigkeit vorzuziehen (a), und (b) es sei nicht besser und seliger, in Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit zu bleiben als eine Ehe einzugehen". Unkatholisch wäre also der Satz "Es stimmt a und b." Wer den ersten Satzteil nicht behauptet, darf - für sich - den zweiten annehmen! Denn die Frage ist eine je-existentielle, läßt überhaupt keine allgemeine Antwort zu.
"Man erzählt, Sokrates soll einem, der ihn fragte, ob er heiraten solle, geantwortet haben: Verheirate dich oder verheirate dich nicht, du wirst beides bereuen. Sokrates war ein Ironiker, der seine Weisheit und Wahrheit ironisch verbarg, vermutlich damit sie nicht zum Stadtklatsch werden solle, mit dem jeder umherrennen könne, aber ein Spötter war er nicht. Die Ironie ist herrlich. Die Dummheit des Fragenden liegt nämlich darin, einen Dritten etwas zu fragen, was einem ein Dritter unmöglich sagen kann. Aber nicht alle sind so weise wie Sokrates und lassen sich oft ganz ernsthaft mit einem ein, der eine dumme Frage stellt." (S. Kierkegaard, Stadien auf dem Lebensweg)]
Für unsere Zukunft entscheidend ist dagegen das andere Problem: muß ein Verheirateter notwendig gespalten sein? Wie begründen wir, gegen das persönliche Ja des Paulus, unser persönliches Nein? Müßten uns nicht viele Erfahrungen verheirateter Priester sehr mißtrauisch machen, die entweder ihre Berufung zum besonderen Dienst Gottes vergessen und ganz in das bürgerliche Dasein zurückfallen oder aber, wofern sie einmal den gekosteten göttlichen Wein nicht vergessen können, allzu oft traurig und innerlich tief unzufrieden sind?
Nun, selbstverständlich gibt es beides. Den ersten Fall wollen wir nicht weiter bedenken: er ist zwar leider eine Möglichkeit, aber eben eine unmögliche Möglichkeit, zu der es nicht kommen darf. Mag die Amtskirche mich hundertmal "laisieren": sie kann nicht das rückgängig machen, was beim Sakrament der Priesterweihe geschehen ist.
[Evangelischer Kommentar: "Die Sakramentsauffassung ist eine Sache der Entwicklungsgeschichte." Stimmt. Es haben sich verschiedene Formen entwickelt; ist die Kirche äußerlich vielleicht nicht eine Tochter Gottes sondern eine Mehrlings-Gruppe? Und macht der katholische Mehrling derzeit gerade wieder eine Zwillingsteilung durch?]
Sie [die Amtskirche] kann mir zwar gewisse Rechte und Pflichten nehmen, nicht aber den apostolischen Auftrag, jene aktive Verantwortung für die ganze Kirche, die meiner Auffassung nach das innere Wesen des Priestertums ausmacht. Dieser Beruf, sich ständig um den Aufbau der Kirche Christi zu sorgen und daran zu arbeiten, er wird zwar durch das offizielle Amtspriestertum in bestimmter Weise institutionalisiert und kanalisiert, keineswegs aber monopolisiert. Er führt zu einem unstillbaren "Verkündigungstrieb". Was mich betrifft, glaube ich mehr an das "unauslöschliche Siegel des Priesters" als an die "Entpriesterung" durch irgendein römisches Dekret. Weil das derzeit noch für eine kirchliche Ehe nötig ist, werde ich es zwar beantragen; die Folgen für mein Selbstverständnis als Priester reichen jedoch nicht über den äußerlich-kultischen Bereich hinaus. Schade um die Messe, gewiß, sehr schade sogar, und nicht bloß für mich! Aber wo Gott eine Tür schließt, öffnet er ein Fenster ... Origenes und Franz von Assisi waren auch keine Priester im offiziellen Sinn.
Anders ist es mit der Traurigkeit im zweiten Fall. Ist sie aber wesentlich unterschieden von der traurigen Ratlosigkeit so vieler weiteramtierender Priester, die sich schmerzlich bewußt sind, daß sie das Evangelium nicht so kraftvoll weitergeben können, wie es ihnen einst von anderen verkündet und vorgelebt worden ist? Liegt diese Traurigkeit - wenn wir sie einmal unterstellen und nicht als "Zweckgerücht" abtun - nicht vielmehr an der Ungunst der Zeit überhaupt oder der mangelnden Heiligkeit als solcher, als an der Gespaltenheit durch die Ehe?
All das mag stimmen. Doch haben wir der Aussage des Paulus noch nichts entgegengestellt. Ich möchte sie einmal, um ihre Kraft erscheinen zu lassen, mit Hilfe eines Begriffes des heiligen Johannes vom Kreuz übersetzen. Er schreibt: "Die Mitte der Seele ist Gott ... Wie viele Grade der Gottesliebe die Seele haben kann, so viele Mitten kann sie in Gott haben, eine innerlicher als die andere." In meinem bisherigen Leben nun war meine tiefste Mitte von nichts Endlichem besetzt. Ich versuchte, möglichst vielen Menschen möglichst zentral, aus der Mitte heraus, zu begegnen. Alle diese Mitten waren aber nur relativ, und die anderen wußten das auch. Die tiefste Mitte blieb frei, und Gott selbst, der in ihr wohnt, wies mir von hier aus jeweils die Gaben und Aufgaben zu. Das ermöglichte natürlich eine ungeheure Offenheit.
Bleiben wir in diesem Bild, dann können wir leicht verstehen, wie es in den meisten Ehen zugeht und warum Paulus insofern recht hat: da wird die tiefste Mitte des Mannes von seiner Frau belegt und dahin ist seine göttliche Verfügbarkeit für die anderen. Denn die Frau ist eine bestimmte endliche Wirklichkeit und macht sich bald als solche in seiner tiefsten Mitte breit, stellt Ansprüche an seine Zeit, seine Nerven, seine Energie usw. und all dem kann er sich nicht entziehen; denn Ehe heißt Lebensgemeinschaft, und gegen den Anspruch meiner tiefsten Mitte habe ich keine stärkere Instanz mehr. Entweder scheitert also die Ehe oder es scheitert die herrliche, dem Priester unentbehrliche Freiheit und Verfügbarkeit für jeden Windhauch Gottes. Es scheint also, als habe Paulus schlechthin recht - und mit ihm der Papst und alle, die am Zölibat festhalten.
Wäre es so, liebe Freundin, dann dürften wir uns nicht heiraten. Denn Du weißt ja: Priester bin und bleibe ich. Wenn das Ehesakrament dem der Priesterweihe widerspräche, dann wäre, es zu versuchen, tatsächlich die schreckliche Gotteslästerung, als die unser Schritt ja leider so vielen vorkommen wird. Zum Glück ist die scheinbar so strenge Logik trotzdem falsch. Zwar wirst Du, diese bestimmte Frau, meine tiefste Mitte - aber Du machst damit nicht meine tiefste Mitte zu etwas Endlichem, Bestimmtem! Wie ist das möglich? Nun, der erste Satz ist ein theoretischer, der zweite ein praktischer. Wir müssen ja, hier wie immer, das Bewußtsein und die Praxis gut unterscheiden. Wir sind uns beide bewußt, mit heller, tiefer und fröhlicher Klarheit, daß wir fortan einander die tiefste Mitte sein wollen und darum sind. Dieses wahre Bewußtsein wird gestiftet, wo immer eine Ehe im Namen Gottes geschieht. Dort, im innersten Zentrum meiner selbst, wo ich bisher, endlich gesehen, nur ein Selbstgespräch war, dort bin ich jetzt ein Dauerdialog mit Dir. So wie das Selbstgespräch im Lichte Gottes geschah (und insofern, psychologisch, als Dialog mit Gott erlebt wurde), so auch der Dialog (so daß psychologisch Gott als "Dritter im Bunde" erscheint).
Kann dieses Bewußtsein sich auch äußern? Natürlich. Es äußert sich in allem, was wir gemeinsam tun, und die Summe dieser Äußerungen wird ein ganzes Eheleben sein. Aber, und jetzt kommt der entscheidende Unterschied zwischen einer weltlichen Ehe und der eines Apostels: Inhalt unserer Praxis darf es nicht sein, unsere tiefste Mitte uns und einander immer wieder zu bestätigen, sondern Inhalt unserer Praxis muß es sein, "das Reich Gottes zu verkünden", d.h. jenen Menschen ihre tiefste Mitte finden zu helfen, bei denen das absolute Bewußtsein noch nicht oder erst schwach da ist. Sofern wir selber auch immer wieder schwach werden, sind wir einander natürlich dieselbe Rücksicht schuldig wie irgendwelchen Fremden. Insofern trittst du für mich oder ich für dich aber nicht als tiefste Mitte auf , sondern als eine neben vielen anderen relativen Mitten, deren Ansprüche wir gegeneinander abwägen müssen und die sich nicht wundern dürfen, wenn sie zurückstehen müssen. Meine tiefste Mitte kannst Du nur in Gott sein, d.h. festgegründet in einem absoluten Vertrauen, das auf keine Zeichen angewiesen, vielmehr selig ist, weil es nicht sieht und doch glaubt. Wer so verheiratet ist, der ist nicht gespalten, sondern ganz frei für Gott und seinen Willen. Was bedeutet das praktisch?
[Die folgenden drei Absätze verdienen keine Veröffentlichung. Ihrer schäme ich mich heute. Zu Recht bemerkte mein evangelischer Freund damals: "Alles aus der Sicht des Herrn ICH. Wie aber wäre das aus der Sicht der Frau DU?" Auch die göttliche Dimension WIR war mir noch verhüllt - Schicksal vieler Singles, die zum Zölibat nicht wirklich berufen sind. Erschreckend, wie ein insgesamt doch gutwilliger Christ es fertigbrachte, die Geheimnisse Inkarnation und Kreuz einseitig auf sich selbst und die Partnerin zu verteilen ... Dank sei der Ewigen Liebe, daß SIE diese Unbalance im Lauf der Jahrzehnte gnädig korrigiert hat. Die Frage der Praxis schon im Vorgriff rein theoretisch lösen zu wollen, der naive Versuch mußte scheitern.
Inzwischen glaube ich: Von gegensätzlichen Abhängigkeiten in widersprüchliche Richtungen gezerrt zu werden ist Menschenlos. Unter weltlichen Zwängen stehen auch Ordensleute. Siehe »Mobbing - ein Thema der monastischen Gemeinschaft?« [Lebendiges Zeugnis 56/2001, 144-155, leider noch nicht im Netz]. Anderseits enthält die wechselseitige Abhängigkeit von Mann und Frau auch Züge, in denen nicht die Ehe sich auswirkt, sondern unverarbeitete kindische Hörigkeiten weiterwuchern. Mancher meint, er wolle seiner Frau gefallen, und flüchtet nur in die Unverantwortlichkeit des braven Söhnleins seiner Mutter, die schon weiß, was für ihn gut ist. Während seine Partnerin selbst nichts mehr wünscht, als daß er der jeweiligen Situation (d.h. der wahren Stimme des Herrn) auf mündige Art gerecht werde.]
... Das ist jetzt ein langer Brief geworden. Ich bin glücklich, daß ich Deine Antwort schon kenne. Vielleicht ist es aber doch gut, wenn Du Dir die entscheidende Frage noch einmal ganz allein und in aller Schärfe stellst. Wenn Du das getan hast und mich immer noch heiraten willst, dann dürfen wir getrost unseren Weg beginnen: denn wir haben dann, soweit es an uns liegt, alle Mißverständnisse ausgeräumt. Die Zukunft selbst läßt sich nicht kalkulieren, sondern nur hoffnungsvoll wagen.
In Deiner und meiner tiefsten Mitte Dein Jürgen
Zusatz Februar 2003. Christl Picker schreibt in Kirche In (02/2003, S. 12):
Und nun ein Wort zur "zölibatären Berufung". Ich glaube nicht, dass es diese Berufung gibt.
[Dem widerspreche ich. Wissen zu wollen, was es alles nicht geben kann, scheint mir ein allzu kühnes Unterfangen. Katholisch ist der Satz auf jeden Fall nicht.]
Der Mensch ist zum "Du" hin angelegt und zur Gemeinsamkeit. Es ist nicht gut, "dass der Mensch alleine ist", so sprach Gott in der Schöpfungsgeschichte. In der Liebe zu einem "Du" erfährt der Mensch zumindest augenblicksweise und visionär seine Vervollkommnung. Es gibt aber Menschen, die zu langwährenden Bindungen gar nicht fähig sind. Das ist eine Tatsache und diese ist zu respektieren. Bindungsunfähigkeit aber ist keine Gnadengabe, sondern ein Mangel. Wir alle sind Mängelwesen in der einen oder anderen Art. Trotz dieser Mängel sind manche von uns zu großen Leistungen fähig. Ich kenne viele Priester, die ein großartiges Leben hinter sich haben und meine Liebe und meinen Respekt besitzen. Aber sie können trotz ihrer Mängel auf ein geglücktes Leben zurückschauen und keineswegs deswegen.
Diese Sicht einer klugen Frau macht allerdings sehr nachdenklich.
Vielleicht ist die kat-holische Wahrheit dies: Die Gnadengabe besteht darin, daß eines berufenen Menschen Ja um des Himmelreiches willen zur (evtl. zeitweiligen) Unfähigkeit, sich an einen Menschen zu binden, von Gott zum Heils-Zeichen für diesen Menschen und andere gemacht wird. Ob hier Berufung oder Unfähigkeit das erste sei, dürfte eine falsche Frage sein.
Vgl. meine Deutung eines anderen deutlich empfundenen Mangels, der seltsamen "Berufslosigkeit" des Kaplans.
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