Jürgen Kuhlmann

Jocki und der Innenseher
Eine Abenteuergeschichte
für das Kind
im Mann und in der Frau


2


Im bunten Haus

Nach etwa einer Viertelstunde streckt Friedrich den Arm aus und sagt Schau, da ist unser Haus. Jocki ist enttäuscht. Er hat sich das Haus prächtiger vorgestellt, ja, seien wir ehrlich am liebsten wäre ihm eine Villa gewesen mit Park und Swimmingpool und so. Das läßt er sich freilich nicht anmerken. Auch gute Freunde müssen ja nicht alles voneinander wissen. So sagt er nur Das ist aber hübsch. Warum ist es denn so lustig angemalt? Das Haus ist nämlich auf der rechten Seite zitronengelb und auf der linken tomatenrot. Friedrich lacht. Das ist noch nicht alles, ruft er und zieht seinen Freund mit sich in eine Seitenstraße, bis sie das Haus von rückwärts sehen können. Da ist es himmelblau. Komisch, meint Jocki. Gar nicht komisch, erwidert der andere, meine Eltern haben das extra so machen lassen, weil wir doch Weiß heißen. Wwaas? bringt Jocki bloß heraus - und ein fürchterlicher Verdacht steigt in ihm hoch. Haben die anderen in der Klasse recht mit ihrem Spott? Ist der Neue verrückt, und seine Eltern dazu? Habe ich einen Irren als Freund? Freilich, belehrt ihn Friedrich, denk doch an den Regenbogen. Da ist Jocki still. Wenn er hier schon der Dumme sein soll, will er es wenigstens nicht dauernd zeigen. Aber wart nur, denkt er zornig, ich komme schon noch dahinter, was das alles soll.

Inzwischen sind sie wieder nach vorne gegangen und stehen vor der Haustüre. Soll ich läuten? fragt Jocki. Nicht nötig, wir kommen so hinein. Du hast einen Schlüssel? Hast du ein Glück mit deinen Eltern! Das schon, aber Schlüssel habe ich keinen. Ja wie kommst du dann hinein? Schau her. Jocki sieht über der Türklinke sechs Zahlenrädchen nebeneinander, alle auf Null eingestellt. Ach so, begreift er schnell, die Tür geht nur auf, wenn man eine bestimmte Zahl einstellt. Wenn du die aber vergißt, was dann? Die kann ich nicht vergessen. In jeder Familie gibt es doch Tage und Jahre, wo etwas ganz Wichtiges passiert ist. Versuchen wir es einmal mit meinem Geburtstag. Er stellt die Zahlen ein und drückt die Klinke, aber sie bewegt sich nicht. Weißt du, in unserem früheren Haus hatten wir auch so ein Schloß, und an meinem letzten Geburtstag habe ich mir gewünscht, daß es auf meine Zahl eingestellt wird. Das hat mein Vater auch getan, ich habe es meinen Freunden erzählt und den ganzen Nachmittag über konnten sie mich besuchen, ohne zu läuten. Das Tollste war aber: manche Freunde meiner Eltern kennen das Geheimnis der Tür auch. Aber an meinem Geburtstag sind sie dagestanden wie der Ochs vor dem Berg und haben läuten müssen. Bloß meine Freunde sind allein hereingekommen. Und jetzt schau bitte weg. Ich darf die Zahl natürlich niemand sehen lassen. Jocki tritt zur Seite, klöck klack kleck klick klock kluck, und schon geht die Tür auf. Beim Eintreten guckt Jocki heimlich auf die Zahlen, aber die stehen schon wieder alle auf Null. Das geht automatisch, sagt Friedrich und grinst.

Nanu, was ist denn das? staunt Jocki da schon wieder. Sie stehen in einem fensterlosen Gang, und sobald das Licht angeht, sehen die Wände abwechselnd gelb und rot aus. Friedrich deutet stumm auf die Wanduhr. Jocki schaut hin und tatsächlich: ticktack, schwingt das große Pendel, gelbrot leuchtet der Gang. Macht euch das denn nicht nervös? wundert er sich. Man gewöhnt sich daran, sagt da eine neue Stimme. Jocki fährt herum und sieht eine Frau lächelnd in der geöffneten Küchentür stehen. Sie trägt ein buntes Dirndl und die langen dunklen Haare auf beiden Seiten zusammengebunden mit rechts einer gelben und links einer roten Schleife. Grüß dich, Mutti! ruft Friedrich und gibt ihr die Hand. Du, ich habe einen neuen Freund mitgebracht. Er heißt Jocki. Was gibt es denn heute? Genug für euch beide. Jocki, ich freue mich. Sie reicht ihm die Hand und wendet sich wieder ihren Töpfen zu.

Friedrich nimmt seinen Freund mit ins Eßzimmer, wirft einen Blick auf den gedeckten Tisch, holt in der Küche noch ein Gedeck, bringt es neben dem seinen unter, schiebt einen Stuhl davor, und alles ist bereit. Wir müssen warten bis meine Schwestern kommen, magst du dir inzwischen das Haus anschauen? Jocki ist sehr gespannt, welche Überraschungen es in dieser seltsamen Wohnung wohl noch gibt. Das Eßzimmer sieht übrigens so aus: eine Wand ist himmelblau gestrichen, die gegenüber orange; Wände und Decke dazwischen in den gleichen Farben, die aber gegen die Mitte zu immer heller werden, bis sie sich in der Mitte als weiß begegnen; der Teppichboden ist tiefschwarz.

Wie kann man ein Zimmer bloß so kurios anmalen, denkt Jocki, da hört er Friedrich sagen: Komm mit. Ich zeig dir unser schönstes Zimmer. Sie gehen in den 1. Stock hinauf. Sieben Türen zählt Jocki dort auf dem Gang und jede ist in einer anderen Farbe angestrichen. Das hätte ich mir denken können, brummt er innerlich. Also logisch sind die Leute. Da öffnet Friedrich schon die weiße Tür. Aha, sie haben einen extra Fernsehraum, vermutet Jocki. Das ist unser Denkzimmer, sagt Friedrich da aber, und das mit so viel Stolz in der Stimme, daß es Jocki ärgert. Also ich brauche zum Denken keinen Fernseher, spottet er. Irrtum, Genosse, der Fernseher steht woanders. Das ist unser Innenseher. Euer was? Spreche ich zu leise? Unser Innenseher. Hat mein Vater erfunden. Paß auf. Dabei drückt er Jocki in einen Sessel vor dem Bildschirm und holt hinter dem Gerät etwas hervor, was so ähnlich aussieht wie ein riesiger Motorradhelm. Durch ein langes Kabel ist es mit dem Apparat verbunden. Das ist ein Gehirnempfänger. Du weißt doch, in unserem Gehirn gibt es elektrische Wellen, ähnlich wie bei einem Radio, nur viel komplizierter. Der Empfänger da nimmt sie auf. Dort im Gerät werden sie verstärkt und in Bilder umgewandelt. So können wir auf dem Schirm sehen, was jemand denkt. Versuchen wir es?

Jocki kommt sich vor wie in einem Traum. So etwas kann es doch nicht geben! Dieser neue Freund verkohlt einen ganz schön. Na warte! Laut sagt er: Sehr interessant. Ist es auch nicht gefährlich? Nicht daß die Maschine selber denkt und ich am Ende fremde Gedanken im Kopf habe! Keine Angst. Du kannst mir glauben, der Apparat ist ganz harmlos. Er macht bloß deine Gedanken sichtbar, das ist alles. Also gut. Setz mir das Ding auf. Dich krieg ich schon, freut sich Jocki, mal sehen, ob deine Maschine meine Gedanken aushält. Aber gespannt ist er doch. Friedrich stülpt ihm den Helm über, drückt auf einen Knopf neben dem Schirm und sagt: Jetzt denk ganz fest an etwas. Jocki schließt die Augen und denkt. Auf einmal hört er Friedrich schallend lachen. Angestrengt hält er seine Gedanken fest und blinzelt zum Schirm hinüber. Tatsächlich. Nicht zu glauben, aber wahr. Auf dem Schirm sieht er sich selbst unten am Eßzimmertisch sitzen, vor sich auf dem Teller ein riesiges goldknuspriges Hähnchen. Jocki ist baff. Das haut den stärksten Neger um, denkt er, und wirklich, auf dem Schirm erscheint Cassius Clay und stürzt mit erschrocken aufgerissenen Augen zu Boden. Mensch, flüstert Jocki und schaut Friedrich entsetzt an. In dem Moment ertönt von unten ein Gong. Na endlich, sagt Friedrich und schaltet den Innenseher aus, ich habe auch schon einen tüchtigen Hunger.

Wie sie hinunterkommen, bringen gerade Friedrichs Schwestern das Essen herein. Sie heißen Annemarie und Marianne, sind offenbar Zwillinge und gehen, so stellt sich heraus, in die 11. Klasse. Wie alle sitzen, fragt die Mutter: Welcher Tag ist heute? Mittwoch, sagt Jocki und wundert sich schon wieder. Marianne hat nämlich laut gekichert. Der Mutter ist das etwas peinlich. Freilich, sagt sie schnell, aber das habe ich nicht gemeint. Also, Kinder, was für ein Tag ist heute? Ein blauer, ruft Annemarie, und Friedrich steht auf, läuft zur Wand, nimmt dort einen Kalender ab und bringt ihn Jocki zum Anschauen. Tatsächlich ist über das Feld des heutigen Mittwoch ein dicker blauer Strich gezogen. Andere Tage sind rot oder gelb. Während Friedrich den Kalender zurückträgt, hat Jocki Zeit, sich zu erholen, aber es kommt noch dicker. Der nächste Satz von Frau Weiß haut ihn geistig k.o. Dabei klingen ihre Worte ganz ruhig und freundlich: Dann ist heute das blaue Tischgebet an der Reihe. Bitte, Friedrich. Ehe Jocki wieder zur Besinnung kommt, hat Frau Weiß schon seine linke Hand ergriffen, die Rechte packt Friedrich und sobald alle Hände sich um den Tisch herum geschlossen haben, spricht er halb feierlich, halb blödelnd: Das blaue Tischgebet

Draußen rasen Milliarden von Sternen,
Elektronen schwirren in uns umher.
Vom Größten und Kleinsten sollen wir lernen
beschwingt mitzutanzen, von Tag zu Tag mehr.
Hier auf dem Tisch warten neue Atome,
sich einzufügen in unser Blut;
bald schwimmen sie mit im belebenden Strome.
Stärke das LEBEN auch uns diesen Mut!"

"Guten Appetit allerseits," sagt Frau Weiß, und "guten Appetit!" tönt es vielstimmig zurück. Sonderbares Gebet, überlegt Jocki angestrengt, das war ja überhaupt kein richtiges Gebet. Und wieso ist es blau? Die können hier doch nicht so verrückt sein, daß sogar die Gebete farbig sind! Höchst seltsam das alles... "Schmeckt es dir wohl nicht, Jocki?" Marianne tut ganz unschuldig, aber er merkt, wie sie sich über ihn lustig macht. "Doch doch, sehr gut sogar," antwortet er ebenfalls betont freundlich und stopft sich zum Beweis den Mund voll. Weil es wirklich ausgezeichnet schmeckt, vergißt er für eine Weile das Problem der Farben und konzentriert sich voll auf die Symphonie aus Hackfleisch, Lauch und Kartoffeln auf seinem Teller. Lustig plätschert das Gespräch dahin.

Schließlich sagt die Mutter: "Sind wir alle fertig? Dann kommt jetzt das blaue Dankgebet." Sobald es still geworden ist, spricht Friedrich:

"Was wir unserm Hunger zum Opfer brachten,
hat vorher als Tier oder Pflanze gelebt.
Wer dauern will, muß Fremdes schlachten.
Doch darf er das nur, wenn er danach strebt,
auch selbst, auf Kosten eigner Launen,
für andre Wesen dazusein.
Das läßt Verflachte wieder staunen,
hilft Ängstlichen neu in den SCHWUNG hinein."

Nach dem Essen bietet Jocki sich zum Abtrocknen an, aber Frau Weiß kann sich denken, daß er das mehr aus Höflichkeit tut als aus Eifer, und schickt die Buben spielen. Eine Zeitlang vergnügen sie sich mit dem Innenseher, dann machen sie ihre Hausaufgaben. Wie die geschafft sind, könnten sie eigentlich weiterspielen, doch Jocki hat auf einmal keine Lust mehr. Die Maschine ist ja ganz nett, aber auf die Dauer wird es langweilig, wenn man immer bloß die eigenen Gedanken sieht. War da nicht irgend etwas anderes, was viel wichtiger war? Sicher kennt ihr auch dieses Gefühl, wenn jemand weiß, er möchte irgend etwas, kann aber einfach nicht sagen, was es ist. Plötzlich fällt es ihm ein. Natürlich! Und so sagt er zu Friedrich, der einen Kaugummi in den Mund und sich auf den Teppich gleiten läßt: "Hör mal, Friedrich, eigentlich könntest du mir jetzt erklären, was diese komischen Farben bedeuten sollen. Ein blaues Tischgebet! Sei mir nicht bös, aber das muß einem normalen Menschen doch spinnert vorkommen. Gibt es vielleicht ein grünes auch? Und wie geht wohl ein gelbes Abendgebet? Ist es ein Unterschied, ob man rot traurig ist oder grün? Ah, da fällt mir ein: mein Onkel Christian ist auch manchmal blau, und wenn du ihm dann auf den Wecker fällst, dann sieht er rot und haut dich grün und gelb. Also blau sein, da komme ich mit. Aber blau beten?"

Inzwischen ist der Kaugummi gründlich gelutscht. Friedrich holt ihn heraus und pappt ihn zu den anderen. "Was soll denn das werden, wenn es fertig ist?" muß Jocki schon wieder fragen, während er auf das seltsam geformte Etwas in der Zimmerecke deutet. "Das? Oh, das ist immer fertig, das ist ein abstraktes Kunstwerk, weißt du? Es bedeutet einen großen Teil meines jungen Lebens, nämlich alle die Stunden, wo ich Kaugummi gelutscht habe." "Aha. Hm. Aber jetzt sei bitte so nett und klär mich über die Farben auf."

"Was soll ich da sagen? Freilich ist das furchtbar einfach, aber erst wenn man es begriffen hat. Denk an heute morgen. Warum bin ich von den zwei Kerlen verhauen worden?" "Weil du dich in ihren Streit eingemischt hast." "Richtig. Weil ich ihnen gesagt habe, euer Streit ist blöd, ihr habt beide recht.

Und siehst du, Jocki, genau hier sitzt der Bernhardiner in der Paprika. Das ist alles ganz anders, als die meisten Leute meinen. Deswegen hat ja mein Vater unser Haus so bunt streichen lassen. Das Rot bedeutet ... Aber nein, warte. Das machen wir anders. Ich zeige es dir gerade so, wie mein Vater es mir beigebracht hat. Einverstanden?" "Natürlich." "Dazu brauchen wir aber viel Zeit. Heute ist es schon zu spät. Am besten gehst du jetzt heim. Komm, wir fragen meine Mutter, ob du nächste Woche wieder kommen darfst."

"Aber Kinder," sagt Frau Weiß, "das braucht ihr doch nicht extra zu fragen. Natürlich gehören Friedrichs Freunde genau so zu uns wie meine Bekannten. Frage ich euch vielleicht, wenn ich jemanden einladen will? Schäm dich, Friedrich, daß du das vergessen hast." "Hab ich gar nicht. Ich wollte nur, daß Jocki es von dir selber hört."

Zum letzen Mal an diesem Tag muß Jocki staunen. Auch so kann also eine Familie funktionieren, denkt er ein bißchen neidisch. Nicht bloß wie bei uns, wo man wegen jedem Dreck fragen muß und es dann nicht einmal immer erlaubt kriegt.

Friedrich bringt ihn zur Tür, die von innen ohne Zahlen aufgeht. Langsam und nachdenklich geht Jocki heim. Das sind schon andere Eltern als die meinen, geht es ihm durch den Sinn. Sie geben ihren Kindern Freiheit, haben Vertrauen zu ihnen. Friedrich darf sogar mit diesem tollen Innenseher spielen; der ist doch sicher irrsinnig kostbar. Und ich darf daheim noch nicht einmal eine von Muttis Platten allein auflegen. Und überhaupt das Haus, alle diese Farben. Etwas verrückt sieht es ja aus, aber trotzdem hübscher als unsere langweilige Wohnung, wo die Wände alle bloß dunkelweiß sind. Ja, die richtigen Eltern müßte man halt haben. Dann aber sieht er plötzlich seine Mutter vor sich wie sie die Wäsche aufhängt, und dann den Vater auf dem Fahrersitz seiner Trambahn, wie er Dutzende von müden Leuten nach der Arbeit heimbefördert. Und Jocki schämt sich furchtbar. Pfui, erschrickt er, bin ich wirklich so ein kalter Ich-Mensch? Nein! Und trotzig stampft er mit dem Fuß aufs Pflaster, so daß eine junge Dame, an der er gerade vorbeigeht, erstaunt ihr pfundweise geschminktes Hohlköpfchen zu ihm herüberdreht. Nein! Und etwas wie eine heiße Welle sprudelt ihm durch das Herz: mein Vater ist kein Erfinder, sondern bloß ein Trambahner. Und meine Mutter ist keine großzügige Dame, sondern bloß eine einfache Frau; wo hätte sie es lernen sollen, wie eine vornehme Mutter die Gäste ihrer Kinder behandelt? Und trotzdem sind es meine Eltern, und ich bin stolz auf sie. Jawohl.

Froh hebt Jocki seinen Kopf hoch und geht schneller weiter als vorher. Freilich, das mit den Farben ist ein richtiges Geheimnis, fällt ihm jetzt ein. Wie hatte Friedrich zu Peter und Ludwig gesagt? Ihr habt beide recht, hatte er gesagt. Wie kann das denn aber sein? Die hatten doch über Gott gestritten. Es gibt Gott, hatte Peter geschrien und Ludwig: es gibt ihn nicht. Das ist doch ein großer Unterschied. Wie kann denn Friedrich da sagen, daß sie beide recht haben? Das ist ja überhaupt das allergrößte Geheimnis. Wer so etwas sagt, der ist verrückt.

Gott gibt es, oder es gibt ihn nicht, aber doch nicht beides! Entweder oder, oder? Ist Friedrich also doch verrückt? Aber das kann nicht sein, Friedrich ist der netteste Junge, den ich kenne. Und dann wäre ja nicht bloß er verrückt, sondern auch sein Vater und seine Mutter. Hätte ein Irrer den Innenseher zusammenbasteln können? Nein, so einfach ist das Rätsel nicht zu lösen.

Da ist Jocki auch schon vor seiner Haustür angelangt. Er läutet und kommt gerade recht zum Abendessen. Es gibt Bratkartoffeln mit Spiegelei. "Du Vati," fällt ihm auf einmal ein, "könnte ich nicht meine eigenen Hausschlüssel haben? Das ist doch praktischer, wenn ihr mal nicht da seid." "Hm. Ja, eigentlich hast du recht, was meinst du, Elisabeth?" "Meinetwegen, wenn er die Schlüssel bloß nicht verliert." "Bestimmt nicht, Mutti." "Na gut, Kind," sagt sie und streicht ihm über die Haare, "morgen gehe ich zu Schlüssel-Schroll und lasse dir welche machen." "Danke." "Und wie war es denn bei deinem Freund?" will der Vater wissen. "Haben sie ein schönes Haus?" Jetzt hat Jocki viel zu erzählen. Die Eltern hören aufmerksam zu, schütteln freilich verwundert mit dem Kopf, wie er von den komischen Farben berichtet. "Müssen ja sonderbare Leute sein," meint der Vater, "aber bitte, wenn es ihnen Spaß macht." Traurig merkt Jocki: das Wichtigste kann er den Seinen nicht klarmachen. Wie seltsam frei und schön in jenem Haus alles zugeht, das kann man nicht sagen. Das muß man selbst erleben. Jedenfalls bittet er gleich darum, daß er am nächsten Mittwoch wieder hin darf. Die Eltern erlauben es gern.

Müde, aber glücklich, fällt Jocki endlich in sein Bett. Kurz vor dem Aufwachen hat er einen merkwürdigen Traum. Wie er ihn beim Frühstück erzählt, sagt sein Vater: "So ein Tier gibt es wirklich. Man nennt es Chamäleon."


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