Jürgen Kuhlmann
Krimi-Trinität?
Tagungsbericht
Im alten Konstantinopel wurde sogar in Barbierstuben heiß über die Dreifaltigkeit debattiert. Ganz so brennend dürfte das Thema bei uns jetzt nicht werden; immerhin weiß dank eines launigen F.A.Z.-Berichts (9. Juni 2008, S. 11) inzwischen das ganze Land, was am 7. Juni bei einer Nürnberger Tagung der Katholischen Akademie in Bayern zur Sprache kam: Laut einer Mainzer Pfarrerin und Krimi-Autorin "sei [die göttliche Dreifaltigkeit] 'ein Leitmotiv jedes Kriminalromans, weil ein solcher meistens trinitarisch aufgebaut ist: Immer gibt es Täter, Opfer und Detektiv.' Dem Himmel sei Dank, dass Bleibtreu davon absah, die drei genannten Gewalten dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist zuzuordnen."
Solcher Dank ist eine gut christliche Reaktion auf die überraschende Analogie-Vermutung. Mit Recht schließt Roswin Finkenzeller sich dem Grundsatz des Laterankonzils von 1215 an: "Von Schöpfer und Geschöpf kann keine Ähnlichkeit ausgesagt werden, ohne dass sie eine größere Unähnlichkeit zwischen Beiden einschlösse." Wäre dies das einzig gültige Prinzip, könnte der Glaube freilich gar nichts sagen. Deshalb stelle ich - nicht als Widerspruch aber als Gegenpol - der negativen Theologie des kritischen Journalisten den positiven Einfall gegenüber, den die Worte von Eva Bleibtreu in mir auslösten, als ich sie hörte.
Zwei Drittel des Rätsels sind schnell gelöst. Das Opfer ist der Sohn, der am Kreuz elend stirbt. Der Detektiv ist der Heilige Geist, er deckt schon im Johannesevangelium (16,8) alles auf: "Er wird die Welt überführen, was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist." In welchem wahren Sinn kann aber Gott selbst Täter heißen? Die Frage führt in abgründige Tiefe, stellen aber dürfen wir sie. Hat Gott nicht den Abraham zum Mord am eigenen Sohn angestiftet? Simone Weil traute sich den Satz: "Wenn wir Gott sein Verbrechen gegen uns verzeihen, dass er uns zu endlichen Geschöpfen gemacht hat, wird er uns unser Verbrechen gegen ihn verzeihen, dass wir endliche Geschöpfe sind." [La connaissance surnaturelle,40]
Ob und wie sehr die "Mosaische Unterscheidung" wahrer von falscher Religion schuld an den entsetzlichen Gewalttaten der Religionsgeschichte sei, bleibt auch unter Glaubenden umstritten. Ich glaube: Nur weil bei unserem Weltkrimi die Anwältin Ewige Liebe die Beziehung von Opfer und Täter bis in ihren innersten Grund klärt und so beide versöhnt, findet ein Herz in Wirklichkeit den Frieden, welchen ein kurz vor 7 Uhr im ZDF gelöster Soko-Fall den Zuschauern mehr oder minder klar bedeutet.
9. Juni 2008
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