Jürgen Kuhlmann

Mord im Namen Gottes

... Was das Schlimmste ist: Jene Mordpiloten haben zuvor gebetet, verstanden sich als Vollzieher göttlicher Ratschlüsse. Und nicht nur sie. Auch der Großinquisitor, als er die Ketzer zum Scheiterhaufen verdammte. Sogar ein Hitler hat "die Vorsehung!" gebrüllt.

Wie kann ich DEINES Willens gewiß sein? Gibt es einen Maßstab?

Im Sinne Jesu gibt es ihn. Auch wenn seine Kirche ihn oft mißachtet hat, strahlt das Prinzip doch aufs deutlichste: "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan." Daraus schließe ich: Wenn dein Gott dir etwas aufträgt, was du vor den unmittelbar betroffenen Mitmenschen nicht verantworten kannst, dann steckt hinter der Maske deines Gottesbildes der Teufel. Was der letztlich sei, die Frage sei uns unwichtig. Ob eine personal böse Instanz dir etwas einflüstert, oder dein eigenes Mißverständnis Gottes, oder scheinfromme Manipulation schlauer Ideologen - jede Religion ermahnt zur Unterscheidung der Geister. Daß der Satan als Lichtengel auftritt, weiß nicht nur das Christentum.

Also heißt die Frage: Kann ich die mir befohlene oder doch erlaubte Tat vor den Menschen verantworten, die sie trifft? Das bedeutet nicht, daß die ihr zustimmen müssen. Die Männer des 20. Juli hätten - bei anderem Verlauf - dem Diktator vor dem Todesschuß frei ins Auge blicken können. Nicht aber der SS-Mann dem Judenkind. Der mußte es zur Sache entwerten.

Auch die Flugzeugmörder hatten nur das System im Blick, das für sie der große Satan war, aber keinen einzigen der von Gott erschaffenen und geliebten Menschen hinter den Fenstern in die sie gerast sind. Laßt uns deshalb alle - Muslime wie Andersgläubige - erschrocken hoffen, daß unser Gott sie erst ins Paradies aufnehmen wird, wenn sie vorher alle ihre Opfer reuig um Verzeihung gebeten und sie erhalten haben.

Oktober 2001


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