Jürgen Kuhlmann

Eine bedenkenswerte Papst-Zeile

Wie ein verrutschter Satz meinen katholischen Horizont kat-holisch weitet

Ins Vorwort des Jesus-Buches von Papst Benedikt hat sich (S. 14, Z. 10) ein Fehler eingeschlichen. Über den biblischen Glauben heißt es: »Er erzählt nicht Geschichte als Symbole über geschichtliche Wahrheiten«. Wer das aufmerksam liest, stellt fest: Es heißt nichts. Leicht geändert, ergibt sich der vermutlich gemeinte Sinn: »Er erzählt nicht Geschichten als Symbole für übergeschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat.« So wird es ab der 4. Auflage auch im Buch stehen.

Dem stimmen die meisten Christen im Prinzip zu (selbst wenn sie nicht gleich ihre Antwort z.B. auf die Frage finden, wie sich das Auftreten des Erzengels Gabriel im Lukas-Evangelium von dem im Koran historisch unterscheide). Das – und manches andere – macht es nicht. Dass Jesus gelebt, Gottes Reich verkündet und am Kreuz einen schauerlichen Tod erlitten hat sowie dass sich auf die Auferstehung dieses wirklichen Menschen die Christenheit bis heute beruft: das alles ist reale Geschichte.

Allerdings ist der pfingstliche Gegenakzent nicht minder wichtig: Jene echte Geschichte ist wahrhaft – sonst ginge sie uns nichts an – auch Symbol für übergeschichtliche und deshalb hier und jetzt für uns heilsentscheidende Wahrheit! Sie glaubt der Glaube, so sehr unser biblischer (wie Benedikt im Satz zuvor betont) »sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht«. Solcher Bezug auf die Geschichte unterscheidet den biblischen Glauben von östlich-mystischen Glaubensweisen, überein stimmen sie in der übergeschichtlichen Heilswahrheit, die jeder echte Glaube zuinnerst meint.

Obwohl solche spirituelle Gemeinschaft aller Glaubenden nicht Benedikts Akzent ist (und er z.B. des heiligen Paulus Ausruf, er kenne Christus nach dem Fleische jetzt nicht mehr (2 Kor 5,16), in seinem Buch nicht erwähnt, liegt dies allein an dessen Thema »Jesus von Nazareth«, bestimmt nicht an mangelndem Pfingstglauben des Papstes. Also werde ich Freunden zwar weiterhin meinen Glauben an Jesus Christus bezeugen, ihnen aber nicht widersprechen, wenn sie mir versichern, für ihr Heil und unseren vollen Frieden komme es auf Meinungen über den historischen Jesus nicht an.

Mai 2007


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