Jürgen Kuhlmann

Ellipse statt Kreis

Versuch in trinitarischer Theometrie

"Alles soll sich immer um ihn drehen" - das ist kein Lob. Zu deutlich darf man es nicht merken lassen, daß man sich als Mittelpunkt fühlt. Dennoch: wer täte das überhaupt nicht? Mein Ich als "Standpunkt" in der Mitte vieler Kreise, das ist - mehr oder minder bewußt - ein Grundmodell unseres Selbstverständnisses. Auch der Begriff "Perspektive" läuft darauf hinaus; denken wir etwa an ein "Perspektiv", ein Fernrohr, das drehbar auf einem Gipfel aufgestellt ist. Von jedem Berg herab sieht die Welt anders aus, doch habe ich überall den Eindruck, in der Mitte zu sein.

Auch in bezug auf andere Personen richten wir uns oft, ohne es zu merken, nach dem Kreis-Modell. Was aber wird, wenn ich selbst in der Mitte bin, aus meinem Partner? Doch wohl - eine Randfigur.

Jedes Imperium hat sein Zentrum: Rom, London, Moskau. Jede Seite der Bibel beweist, daß Gott den Geist des Imperialismus nicht mag. Auch der einzelne muß seinen Privat-Imperialismus aufgeben. Womit kann er ihn ersetzen? Gesucht ist eine "Vorstellung", die es an Sinn-Kraft mit dem gefährlichen Kreis-Modell aufnehmen kann.

Wir empfehlen die Ellipse, man zeichnet sie, indem man einen Faden an zwei Punkten befestigt, der länger ist als deren Abstand. Dann läßt man den Bleistift so vom Faden führen, daß dieser stets gespannt ist. So bleibt der gemeinsame Abstand der beiden Brennpunkte von der umfassenden Linie sich immer gleich. Anhand des Bildes der Ellipse lassen sich drei Entwicklungsstufen des Bewußtseins anschaulich auseinanderhalten.

Nur subjektiv, nur objektiv?

Das erste Stadium teilen wir mit den Tieren. Jeder Esel hält sich für die Mitte der Welt. Alles um ihn her wird danach beurteilt, ob es ihm nützt oder schadet. Je komplexer das zentrale Nervensystem wird, um so differenzierter gestaltet sich das innere Bild, in welchem die Umwelt repräsentiert ist. Vom Wurm bis zum Affen hat die Helligkeit und Vielfalt dieses Bildes beträchtlich zugenommen, doch bleibt es im gesamten Tierreich um den subjektiven Pol zentriert: Partner und Feinde erscheinen weder in ihrer objektiven Wirklichkeit noch gar ihrerseits als Subjekte, sondern lediglich in ihrer Funktion für das Lebewesen. Stellen wir den subjektiven Pol im linken Brennpunkt der Ellipse dar, dann ist auf dieser Entwicklungsstufe sozusagen nur er klar gezeichnet, während die Kurvenlinie wie auch der andere Brennpunkt fehlen.

Nicht anders ist unser menschliches Alltagsbewußtsein oft eingestellt. Nicht nur in vielen Einzelheiten des Verhaltens, deren Schilderung allerhand Bestseller füllt, sondern schon in der Selbstverständlichkeit, mit der wir rundweg alles auf uns selbst beziehen, Ist unsere tierische Vergangenheit überwältigend aktuell.

Auf der zweiten Stufe tritt der linke Brennpunkt zurück, und der Umriß der Ellipse wird thematisch. Allmählich löst das Denken sich aus seiner subjektiven Beschränktheit und sieht von den Sonderperspektiven bestimmter Standpunkte ab. Ideal der Wissenschaft ist es, intersubjektiv, ja objektiv gültig zu sein. Ein Beweis für den Erfolg dieses Strebens ist unsere Welteinheitstechnik. Nur deshalb schicken die Chinesen Physikstudenten zu um, weil trotz der - von uns meist unterschätzten - gewaltigen kulturellen Unterschiede eben doch in China und Europa dieselbe Physik gilt.

Gegenüber der tierischen und alltäglichen Naivität des Subjekts ist die objektive Einstellung ein Fortschritt. Erst sie bekommt jene Naturgesetze in den Blick, die für uns alle gelten. Sie erlaubt in der Politik die demokratische Staatsform, bei der nicht die Perspektive einer Zentral-Person das Ganze bestimmt, sondern ein möglichst objektiv bestimmtes Gemeinwohl. Kein Zufall, daß Wissenschaft und Demokratie etwa zur selben Zeit in Griechenland begonnen haben.

Freilich dürfen wir Menschen auch auf dieser Stufe nicht stehen bleiben, sonst enden wir als gleichgültige Rädchen einer einzigen sinnlosen Maschinerie. Eines ist es, methodisch von den subjektiven Standpunkten abzusehen, ein anderes, diese praktisch zu vernachlässigen, das heißt (implizit) zu leugnen. "Abstrahieren ist nicht Lügen", weiß Aristoteles. Es wird aber zur Lüge, sobald man den gewonnenen Ausschnitt mit der Gesamtwirklichkeit verwechselt und den "Rest" mißachtet.

Die abergläubische Ideologie bloßer Objektivität ist eine der Hauptgefahren unserer Zivilisation. Dagegen wehren sich zwei Bewegungen. Die eine geht zurück zum faßbaren Einzelnen. Denken wir an die Neublüte der Dialektdichtung, ans Erstarken des Regionalgeistes ("Eigenes Bundesland Franken" wird auf Nürnberger Mauern gefordert). Menschen ziehen sich aus dem - objektiv geregelten - System zurück und pflegen ihre individuellen Bedürfnisse, ohne diese als bessere objektive Lebensart anderen aufzudrängen.

Weil der "eine" Pol notwendig ist, hat diese Einstellung recht; allein genügt sie aber nicht. Ohne ein drittes Element bekommen wir das Problem nicht in den Griff.

Mit den Augen des anderen

Die Ellipse hilft weiter. Wie sieht die Einstellung aus, welche drittens weder das erlebende Subjekt noch den objektiven Rahmen betont, der es mit anderen verbindet? Lassen wir jetzt gewissermaßen den anderen Brennpunkt "strahlen", während der erste Brennpunkt und der Kurvenumriß dunkel bleibt. Was fühlt ein so "geschaltetes" Bewußtsein? Ungefähr dies: Du, mein Mitmensch, bist mir jetzt gerade so wichtig, wie sonst ich mir selber wichtig bin. Ich weiß, daß du dich in deiner Haut ähnlich fühlst wie ich in der meinen; du hast Wünsche, Ängste, Hoffnungen wie ich. Vergessen will ich für jetzt einmal, was ich selber möchte; auch interessieren mich keine objektiven Regeln der Natur oder Gesellschaft. Du interessierst mich. Ich will mit deinen Augen die Welt sehen. Aufgrund von Herkunft und Lebensgeschichte nennt jeder von uns sozusagen einen anderen Berg seine Heimat; da will ich dich auf deinem einmal besuchen und mir von dir zeigen lassen, wie du das Ganze siehst. Denn ich weiß und erkenne an, daß du mir gleichberechtigt bist, nicht bloß "objektiv" (weil wir beide gleichgültige Elemente eines allbestimmenden Zusammenhangs wären), sondern auch als einmaliges Subjekt. Du als Du, nicht nur als anderes Es, bist jetzt die Mitte meiner Aufmerksamkeit.

Wie sollen wir diese Einstellung nennen? Sagen wir, statt ein gelehrtes Neuwort zu drechseln: Nächstenliebe. Freilich ist sie, dank des Brutpflege- und des innerartlichen Solidaritätstriebes, oft untrennbar mit dem Eigeninteresse verbunden. Eine Mutter liebt als Mutter ihr Kind wie sich selbst. Und wer einen Buben im Teich um Hilfe rufen hört, holt ihn ohne große Umschaltung spontan heraus. Doch läßt sich, begrifflich wie gefühlsmäßig, ein Extrem von Nächstenliebe denken, das nicht mehr mit Selbstbezogenheit vermischt ist: die Feindesliebe. Dieses Verhaltensprogramm hat nichts Tierisches mehr an sich. Nächstenliebe (nach dieser Definition) geschieht deshalb insoweit, als jemand den anderen als in sich stehendes Subjekt bejaht.

Nur dann hat die Kreis-Vorstellung ihr Recht, wenn der Kreis in Wahrheit die Ellipse aus zwei miteinander einsgewordenen Brennpunkten ist: Gleichnis für die Liebeseinheit zweier Menschen, wo es - zeit-weise - auf Ich und Du nicht mehr ankommt. Überall sonst verwirrt das Kreis-Modell, weil es entweder zum Mittelpunkt oder zur Randfigur macht; beides kommt keinem zu. Deshalb kann uns die Ellipse zu einem hilfreichen Orientierungsmittel werden.

Mißverstandene Christlichkeit

Lassen wir ihre drei Elemente nacheinander gegen die anderen sich abheben, dann zeigt sie uns deutlich:
Mein eigener Standpunkt bestimmt meine Perspektive.
Ich sehe von ihm ab und achte auf die allgemeine, objektive Wirklichkeit.
Ich lasse meine Sicht vom fremden Standpunkt eines anderen Subjekts bestimmen.

In der Lebenspraxis - etwa bei einem Gespräch - durchdringen sich die drei Weisen miteinander mit wechselndem Gewicht. Ihre begriffliche Unterscheidung soll helfen, nicht unbemerkt eine ganz zu vergessen.

Denn jede ist notwendig. Wer sich selbst - zum Beispiel aus mißverstandener Christlichkeit oder um des Ehefriedens willen - überhaupt nie zum Bezugspunkt machen wollte, an dem würde die unterdrückte Natur sich schlimm rächen. Nur ein ganz vollkommener Mensch, der sein Selbst in Gott findet, kann es um anderer willen dauernd verleugnen. Insoweit einer das aber nicht ist, würde seine Liebe bald sauer werden oder dadurch vergiftet, daß er helfen muß. Und wehe dann denen, die sich nicht helfen lassen wollen!

Wer nur zwischen eigenem Standpunkt und Nächstenliebe hin und her springen, die objektiven Gegebenheiten aber vernachlässigen wollte, der sollte Paul Ricoeurs Warnung beherzigen:

"Das Ereignis der Begegnung ist flüchtig und zerbrechlich, sobald es sich zu einer dauerhaften und stabilen Beziehung verfestigt hat, bildet es auch schon eine Institution ... Man sollte sich also nicht im Buchstaben des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter verbeißen und daraus dann einen personalistischen Anarchismus ableiten ... Das Abstrakte schützt das Konkrete, das Soziale schützt das Intime. Illusorisch aber wäre es, alle menschlichen Beziehungen in eine Art Communio verwandeln zu wollen ... Man darf nie vergessen, daß die persönlichen Beziehungen ihrerseits auch einer Reihe von Leidenschaften ausgeliefert sind, den schlimmsten, verborgensten, hinterhältigsten Leidenschaften vielleicht; man sehe doch nur, was drei Jahrhunderte bürgerlicher Kultur aus der Barmherzigkeit gemacht haben ... Die Barmherzigkeit als Alibi der Gerechtigkeit ..." ("Geschichte und Wahrheit", München 1974, S. 118-123).

... ein menschlicher Mensch wäre er nicht

Doch Gerechtigkeit allein genügt ebensowenig. An der schönen Forrnulierung vom "Recht des anderen" wird der Unterschied besonders deutlich. Das Recht des anderen ist gegen meines abgrenzbar, beide beschränken einander, einen Widerspruch schließt die objektive Ordnung aus. Die Liebe dagegen zieht keine solchen Grenzen, sondern versucht, sich ganz auf die Sicht des andern einzulassen. Rücksicht reicht weiter als Recht, ist freilich auch nicht einklagbar. Wer aber - ohne Rücksicht auf den Nächsten - nur sein Eigeninteresse und objektive Ordnungen gelten ließe, verhielte sich schlimmstenfalls als intelligentes Tier (wenn er die objektiven Gesetze in den Dienst seiner Privattriebe stellt) und bestenfalls als seelenloser Technokrat. Ein menschlicher Mensch wäre er nicht.

Jeder Mensch weiß nach dem Maß seiner inneren Reife, wie Nächstenliebe (ein- und aus-)geübt werden kann. Ein Freundeskreis, er nennt sich Prisma, ließ bei seinen Treffen Je ein anderes Mitglied "in der Mitte" sitzen - nur ganz zu Anfang auch äußerlich. Diese Person hatte, den ernsten Teil des Abends hindurch, unangefochten die Gruppenperspektive zu bestimmen. Sie durfte sich fragen lassen, das Thema festlegen, ihm die Richtung geben; sie erteilte das Wort oder schnitt es auch einmal ab, kurz: sie war der beherrschende Brennpunkt vieler Ellipsen, deren andere Brennpunkte, die übrigen Mitglieder, den äußeren Kreis bildeten. Durch diesen einfachen Ritus war die "Hackordnung" tatsächlich abgeschafft, niemand brauchte um seinen Rang zu kämpfen. Der in der Mitte war (wie heutige Kinder sagen) der Bestimmer, und die am Rand hatten sich um die Nächstenliebe (im vorhin definierten Sinn) zu bemühen, ohne daß - es war ja ein Spiel - für irgend jemand damit eine Beschämung verbunden gewesen wäre. Das Spiel hat den Beteiligten viel Freude und auch Gewinn gebracht. Freiheit und Selbstgefühl einiger sind erheblich gewachsen. Auch beim Gruppengespräch im Religionsunterricht hat das Prinzip sich als auflockernd und belebend erwiesen.

"Nichts ist im Geist, was nicht vorher in der Sinnlichkeit war", weiß ein Kernspruch der Scholastik. Im Geist sollen die genannten drei Einstellungen sein. Ohne gekonntes Zusammenwirken von Eigen-Interesse, Objektivität und Nächstenliebe kann ein Leben nicht gelingen. Deshalb ist es gut, sich ihre funktionale Dreieinigkeit am geometrischen Modell der Ellipse zu veranschaulichen.

Nicht Sandkorn, sondern Zelle

Vor allem das Wort Nächstenliebe erhält dabei wieder einen genauen und anspruchsvollen Sinn, tritt in klaren begrifflichen Gegensatz zur objektiven internationalen Pflichtenordnung.

Wir sind empört und bedrückt, wie in der Ferne Hunderttausende verhungern und ertrinken. Doch Hilfsaktionen oder Resignation angesichts des Elends der Fernen entbinden mich nicht davon, Stunde um Stunde meine Nächsten zu lieben. Die Überweisung an "Misereor" ist gewiß eine gute Tat, einmal, weil sie tatsächlich irgendwo einem Elenden hilft; dann aber auch: weil sie es anderen Menschen ermöglicht, ihre Nächstenliebe als wirksame Unterstützung zu vollziehen und so voll beiderseitiger Freude sein zu lassen, während sie sonst nur in hilflosem Mitleiden bestünde. Die Geldspende ist aber in sich allein kein Vollzug der christlichen Nächstenliebe im hier entwickelten exakten Sinn. Sonst wäre Liebe billig zu haben! Entsagung gibt es im Buddhismus strengere, Organisationsgeschick findet sich auch bei den Kindern der Finsternis; mit beidem ist Liebe nicht zu verwechseln.

Wie aber soll Ich meine Nächsten lieben? Nie liegt ein Ausgeplünderter vor meinem Esel, ein Erfrierender vor meinem Pferd. Bist du aber nicht von Menschen umgeben, die dich nur als Konkurrenten erleben oder als Miträdchen im leeren Getriebe? Fühlen sich nicht viele isoliert und schnappen nach der Luft unprofitlicher Mitmenschlichkeit? Warten sie nicht auf Zuwendung wie der Eingesperrte auf seinen Befreier? Fühl dich in deinen Nächsten ein, laß dich von deinem Standpunkt weg zu seinem einladen, empfinde seine Besonderheit mit, und laß ihn fühlen: Nicht Sandkorn bist du, sondern Zelle.

Allerdings können wir nur deshalb lieben, weil Gott die Liebe selbst ist. Somit verläßt er uns auch im Tod nicht. Deshalb dürfen wir, im Glauben, den Zusammenhang zwischen Nächstenliebe und Ostern (der Name Jesus Christus drückt ihn aus) getrost als wesensnotwendig erkennen. Ich kam mir als armes Nichts vor, und du hast mich als dein Du gelten lassen - geh ein in die Freude deines Gottes.

Veröffentlicht in "Christ in der Gegenwart" vom 17. Februar 1980

Nachtrag "zwischen den Jahren" 2005/6

Seit langem war dieser Artikel mir nicht geheuer. War es nicht ein Mißgriff, die Ellipse, die beim trinitarischen Stereo-Denken für das WIR (Pneuma) der beiden Brennpunkte DU (Vater) und ICH (Logos) steht, als Symbol für das Objektive, Apparatliche zu nehmen, jene Welt des Es, das laut Martin Buber doch einen unvergleichbar geringeren Seinsrang einnimmt als die Beziehung DU/ICH/WIR ?

Inzwischen scheint diese Frage geklärt. Als Geschöpfe haben wir teil an den göttlichen Sinndimensionen; ihrer jede durchstrahlt auf besondere Weise die Welt des geschaffenen Es. Dessen endliches Neben- und Gegeneinander vollzieht sich dreifach: als mein Interesse, als dein Anspruch und als unser gemeinsames Realitätsfeld. Anderseits wirkt, wie in meinem Interesse die Würde des göttlichen Kindes, wie in deinem Anspruch der fordernde Wille des Vaters, so auch in der Festigkeit des uns verbindenden Allgemeinen die verläßliche Treue des göttlichen EINS, des Heiligen Atems. Materie kommt von mater, ihr tragender Grund verweist auf die all-bergende Huld der innergöttlichen Mutterschaft.

So weitergedacht, scheint mir, stimmt der Artikel. Bei den absoluten Brennpunkten Ich und Du ist auch auf den Es-Aspekt zu achten, bei der eshaft-objektiven Wir-Ellipse umgekehrt auch auf ihren absoluten Sinn: IHRe Treue.

Die Überzeugung von der Heiligen Gischt als mütterlicher Göttin ist unter Katholiken umstritten. Hans Urs von Balthasar urteilt streng: "Abwegig wäre es, die Geschlechterdifferenz in Gott einzutragen, und im Geist das Weibliche, den ‚Schoß', in dem gezeugt wird, zu sehen" (Credo, Freiburg 1989, 67). Da eben dies seit 1961 mein Glaube ist, hielt ich bis gestern jenes Urteil meinerseits für falsch, nämlich einen patriarchalischen Abweg. Heute ging mir auf, daß ich schlecht die islamische Leugnung jeder göttlichen Zeugung für - in muslimischer Perspektive - auch wahr ansehen, ein mitchristliches Nein zur innergöttlichen Mutterschaft aber nur verwerfen darf. Die sexuelle Energie des Bildes springt sofort ins Auge, wenn wir die Ellipse nicht (wie sie sich mir seit jeher zeigt) waagrecht, sondern senkrecht vor uns sehen: Dann lockt die Null, während der Strich zwischen ihren Brennpunkten den sie begehrenden Faktor "Eins" darstellt. Sexualität wie Informatik sind vom selben Ur-Gegensatz bestimmt! Daß der - wie wir ihn kennen - Gottes all-einfaches Wesen nicht spaltet, versteht sich für Glaubende von selbst; daß jemand sich auf dieses Nein konzentriert, bleibt sein gutes Recht, selbst wenn andere, statt auf die Einheit des Wesens, mehr auf den Reichtum der Person-Beziehungen achten, der auch aus unseren menschlichen strahlen will - doch eben nicht jedem Gemüt. - Balthasars Widerpart Karl Rahner lehnte eine trinitarische Theologie der Geschlechtlichkeit nicht rundheraus ab, fragte mich aber - um 1965 - ob ich das denn wirklich so sagen wolle.


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