Jürgen Kuhlmann: Kat-holische Gedanken
DIE TATEN DES EINFACHEN GOTTES
Eine römisch-katholische Stellungnahme zum Palamismus
Rom 1965
Inhaltsverzeichnis
III. Problemgeschichtlicher Teil
B) Die übernatürliche Tat der Vergöttlichung in der lateinischen Theologie
1) Die Schau des Unbegreiflichen
2) Teilhabe an Gott als Gott?
3) Ungeschaffene und geschaffene Gnade
a) Geschaffene Verwirklichung durch
ungeschaffene Wirklichkeit
b) Erste Kritik und Erwiderung
c) Vernichtende Kritik eines Thomisten
d) Antwort eines Jüngers
e) Ein kühner Schritt voran: Rein-formale Aktuierung
f) Die Stimme der Gegenposition
g) Letzter Beitrag
Zusammenschau
h) Kosmische Theologie
4) Personale Kategorien
5) Waren die Väter rechtgläubig ?
B) DIE ÜBERNATÜRLICHE TAT DER VERGÖTTLICHUNG
IN DER LATEINISCHEN THEOLOGIEEs versteht sich von selbst, daß ein Kapitel eines Teiles eines Buches diesem anspruchsvollen Titel nur dann gerecht werden kann, wenn er sich in einem ganz besonderen Sinn versteht. Zunächst sei darum klargestellt,- was die Überschrift nicht bedeutet. Es geht nicht um eine, sei es auch noch so geraffte historische Darstellung um ihrer selbst willen, ebensowenig um eine systematische Entfaltung der gesamten Problematik. Vielmehr wird das genannte Thema hier einzig unter einem dreifach eingrenzenden Formalobjekt behandelt: inhaltlich geht es allein um den Kern des Begriffes der Übernatur als solcher; historisch interessieren uns nur die wichtigsten bis heute nicht behobenen (wenngleich vielleicht scheinbar versunkenen) Kontroversen in diesem Punkt; ihre Darstellung endlich hat nicht die Exaktheit historischen Übersehens, sondern die möglichst tiefe Einsicht ins jeweils Bedachte zum Ziel. So gefaßt ist das Thema nicht uferlos.
Man sprioht allgemein von drei Grundgeheinnissen der Übernatur: Menschwerdung, Gnade und Gottesschau. Jedes bedeutet eine bestimmte Weise der Verbundenheit von Gott und Kreatur. Der Begriff "Übernatur" abstrahiert als solcher noch einmal von diesen Verschiedenheiten, ist mithin bei allen drei Weisen (analog, aber wahrhaft) einer. Um diesen einen Begriff ist es uns zu tun. Deshalb dürfen wir uns Material aus allen drei Themen heranholen. Leitfrage ist jeweils: wie wird hier die übernatürliche Verbundenheit von Gott und Geschöpf begrifflich gefaßt?
1) Die Schau des Unbegreiflichen
Im dogmatischen Teil ist uns bereits jene Entscheidung der Pariser Fakultät begegnet, welche 1241 die Schau des Wesens Gottes in Sich selber als verbindliche Lehre erklärte. Nunmehr wollen wir eine Reihe grundsätzlicher Stellungnahmen lateinischer Theologen zur Frage der Gottesschau betrachten und uns fragen, ob sich dabei ein hinreichender Begriff der Übernatur ergeben habe. Im Vordergrund der Frage stand weithin der noetische Gesichtspunkt: Wie ist die Schau Gottes mit Seiner Unbegreiflichkeit zu vereinen? Wir erkennen darin leicht das umfassendere Problem wieder: Wie gibt es eine echte Vergöttlichung bei bleibender Geschöpflichkeit? (*1)
a) Augustinus: "Den Zugang des Menschen zur Gottesschau leicht annehmend, legt Augustin den Ton wenig auf die radikale Tranazendenz einer Gottheit, die er als erstes und vollkommenstes der Intelligiblen versteht, welcher er aber eben dadurch in etwa denselben Seinsrang wie den anderen Intelligiblen anweist. Im übrigen ist sein Begriff von geistigem Erfassen eine einfache Kopie des Vorgangs des Schauens mit den Augen."(*2) Um bei der Schau dennoch Gottes Transzendenz zu wahren, gelangt A. dazu, eine Distinktion von "videre" und "comprehendere" vorzuschlagen. Die beiden Begriffe fand er, unsystematisch nebeneinandergostellt, bei Ambrosius vor(*3); das Distinktionsprinzip konnte er, auf das gewöhnliche Verstehen angewandt, bei Cicero lesen(*4). "Vom Tastsinn her genommen, ist die Metapher sehr sprechend; doch muß man zugeben, daß ihre geistige Reichweite ziemlich kurz ist."(*5)
b) Fulgentius läßt wenigstens für die menschliche Seele Christi die Unbegreiflichkeit ausdrücklich wegfallen und verlegt den Unterschied zwischen der göttlichen Natur in Sich selbst und der Teilhabe der menschlichen an ihr vom Umfang weg nur in die Naturhaftigkeit der Erkenntnis:
"Wir können durchaus sagen, die Seele Christi habe.volle Erkenntnis ihrer Gottheit; ich weiß aber nioht, ob wir sagen müssen, daß die Seele Christi ihre Gottheit gekannt hat wie Sich die Gottheit selbst kennt, oder ob man eher so sagen muß, sie kennt soviel wie jene (quantum) aber nicht so wie jene (sicut). Die Gottheit selbst kennt Sich nämlich so, daß Sie von Natur das ist, was sie kennt; jene Seele jedoch kennt so ihre ganze Gottheit, daß sie doch nicht selbst die Gottheit ist. Jene Gottheit ist also selbst, von Natur, Ihre Kenntnis; jene Seele aber hat von der Gottheit, die sie voll kennt, dieses, daß sie kenne, empfangen."(*6)
Diese Lehre, von Augustinus Favaroni wieder aufgegriffen, ward 1435 vom Konzil von Basel verurteilt. (*7)
c) Gregor der Große nimmt den Gedanken Augustins auf und bereichert ihn um zwei weitere Motive. Die Beschränktheit unserer Gottesschau hat drei (nicht adäquat unterschiedene) Gründe:
1) Das Geschöpf wird immer ein Maß behalten, kann - eben als Geschöpf - nie unermeßlich werden. 2) Damit nicht in der Sattheit Ekel sei, bleibt bei aller Fülle doch die Sehnsucht. 3) Gott ruht, wir ruhen aus.(*8)
d) Bei Skotus Eriugena wird die Unbegreiflichkeit wieder griechisch als Unsichtbarkeit in Sich selbst verstanden; allein in Theophanien zeigt Sich Gott dem Geschöpf.(*9)
e) Petrus Lombardus baut die optische Metapher kräftig aus: der eine Selige sieht näher und deutlicher als der andere (*10). Auch unterscheidet er zwischen einer Freude und verschiedenen Soligkeiten (*11).
f) Alanus von Lille, ein Porretaner, unterscheidet zwischen dem Begreifen des "id quod est" und der Unbegreiflichkeit der "natura" (*12).
Der unbekannte Verfasser der quaestio 9 des Kodex Douai 434 nimmt die Formel von Florenz im palamitischen Verständnis be-
reits um 1235 voraus: "Videbimus Deum sicut est, non tamen essentiam ut essentiam. (*13) Weiter unten heißt es: "Deus videbitur in seipso, quod erit ut causa oreaturarum."(IV,331) All das kann richtig verstanden werden; dennoch bedeutet diese Theologie eine gefährliche Verdunkelung den Glaubens der unmittelbaren Gottesschau.
h) Guerric von St.Quentin gehörte vor 1241 der gleichen Riohtung an und brachte ein äußerst kräftigen Argum ent vor: Gott wird nicht als Wesen, sondern als Kraft geschaut. Denn das Wesen ist all-einfach: Es schauen hieße Es begreifen. Sondern Er wird als Kraft geschaut; so aber ist Er, laut Dionysius, irgendwie vieles.(*14)
Von hier aus verstehen wir den genauen Wortlaut der Verurteilung von 1241: "Quod divina essentia in se nec ab homine nec ab angelo videbitur." Nach dem katholischen Glauben gibt Gott Sich selbst, so wie Er über alle Geschöpfe hinaus und von ihnen unabhängig in Sich selbst ist, dem begnadeten Menschengeist zu erkennen. Guerric beugt sich dieser Entscheidung und bringt später eine Distinktion, die der griechischen Theologie so fern wie nur möglich steht: Eben die Einfachheit des göttlichen Wesens ermöglicht jetzt, statt sie zu verhindern, die Schau; denn das Einfache hat keinerlei Bezug zur Quantität, kann demnach auch nicht eigentlich unendlich genannt werden. Somit verhindert keine Unendlichkeit die Schau des Wesens. Die Kraft dagegen kann nicht ganz eingesehen werden.(*15) Damit ist vom Objekt her die Möglichkeit und einfache Gleichheit der Schau festgestellt, eine zusätzliche subjektive Ungleichheit ändert daran niohts. (III,134-137)
i) Albert unterscheidet zwischen reflex-menschlichem Wissen hier und unmittelbar-unbegreiflich-vergöttlichter Erkenntnis im Himmel (*16). Die Frage nach dem Wissen der Seele Christi löst er feiner als Fulgentius: Christus begreift alles außer Gott selbst, während uns auch die Weltkenntnis noch beschränkt bleibt (*17)
k) Bonaventura weigert sich, nach dem Muster Guerrics dem göttlichen Wesen aufgrund Seiner Einfachheit die Unendlichkeit abzusprechen. Vielmehr sind beides polare und gleich wirkliche Bestimmungen. Die Einfachheit ermöglicht die Erkenntnis, die Unendlichkeit verhindert das Begreifen. Die Unbegreiflichkeit hat mithin auch eine objektive Seite (*18). Wie kann aber eine doch in sich endliche Erkenntnis unser Verlangen stillen? Wenn die Erkenntnis selbst, als geschöpfliche, auch endlich ist, so doch nicht im Sinn von ruhig abgezirkelt: vielmehr ist die Seele vom unendlichen Gott überwältigt, hingerissen: eben darum gibt es kein Verlangen nach mehr (*19). Verräterisch sind die selbstverständlichen Bilder: das ewige Leben wird als eine Art Treffen in der Mitte zwischen Gott und Geschöpf vorgestellt (*20). Endlich unterscheidet er zwischen der Gegenwart Gottes als Gegenüber und der inneren, subjektiven Gegenwart Seines vergöttlichenden Einflusses (*21).
l) Thomas. Wenn wir diese letzte Stelle mit der folgenden vergleichen, springt der Unterschied platonischer und aristotelischer Noetik in die Augen. Der Platoniker schaut auf das Objekt als sein Gegenüber; die eigene Schau ist gewissermaßen ein "Eindruck". Das Bild von Siegel und Wachs ist sehr verbreitet: der Eindruck entspricht "objektiv", je nach der Aufnahmebereitschaft des Wachses mehr oder minder deutlich, dem prägenden Siegel. Für den Aristoteliker hingegen heißt Erkennen wesentlich nicht Gegenüber, sondern Identität. "Intellectus in actu est intellectum in actu." Da Thomas von diesem Prinzip auch in unserer Frage nicht abgeht, hat er - bei aller Nüchternheit des Begriffs - doch fast eine kühnere Vergöttlichungslehre als seine platonisierenden Zeitgenossen. Dennoch läßt auch er die Gottesschau innerlich beschränkt sein: statt des platonischen Unterschieds zwischen der (dem Subjekt äußerlichen) Form und ihrem Eindruck in ihm haben wir die Distinktion zwischen der (dem Subjekt innerlichen) Form (aber) in sich selber (betrachtet) und derselben Form, insofern sie das Subjekt informiert (*22).
Eine Entwicklung stellt diese Reihe nicht dar. Es wechseln einfach verschiedene Motive miteinander ab. Gewiß ist die Intelligibilität der augustiniechen Distinktion von Sehen und Begreifen "reichlich kurz"; bringen die späteren Versuche aber mehr Licht in das Dunkel der absoluten Helle? Mir will scheinen, nein. Insofern sie alle unseren Glauben an den Sich ganz erschließenden und ganz Geheimnis bleibenden Gott ausdrücken, verdiesen sie alle unsere Achtung; wenn die Theologie aber nicht nur einen undenkbaren Gegensatz einfach statuieren, sondern auch andeuten soll, wie er sich im Unendlichen löse, dann befriedigt keine der dargestellten. Hypothesen.
Gregors Unterschied von Gottes Ruhe und unserem Ausruhen wird in einer Gesamtlösung nicht fehlen dürfen, diese selbst wollte er aber gar nicht sein. Eriugena ist strenger zu beurteilen: "er scheut vor jenen augustinischen Texten zurück, worin die Schau von Gottes Wesen in Sich selbst behauptet wird" (*23); er zog bewußt die griechische Tradition der eigenen einseitig vor, und kam deshalb auch nicht genügend zur Wirkung.
Der Lombarde bleibt einerseits mit seinem "vicinius clariusque" im sinnlichen Vergleich stecken; sein Unterschied der gleichen Freude und ungleichen Seligkeit ist rein verbal und läßt jede Anschauung vermissen. Die porretanische Lösung des Alanus übersieht die völlige reale Identität von "id quod" und "id quo" in.Gott; kann man gleich innerhalb des porretanischen Systems verschiedene quo eines quod gegeneinander absetzen oder verschiedene quod eines quo, so darf man doch gewiß nicht in Gott zwischen dem quod und seiner Natur als quo einen realen Unterschied behaupten: ohne einen solchen aber hat die Lösung keinen Sinn.
Der Anonymus von Douai 434 sowie Guerrics frühere These wurden 1241 mit Recht verurteilt. Guerrics Weise dagegen, Einfachheit und Unendlichkeit dialektisch zu trennen, scheint mir einer großartigen Einsicht zu entspringen, konnte jedoch, ob des Fehlens der nötigen Ergänzungemotive, wie Bonaventuras scharfer Tadel zeigt, nicht zum Tragen kommen.
Auch Alberts Unterscheidung von reflex-menschlichem und unbegreiflich-vergöttlichtem Wissen trifft ins Schwarze, wird aber nicht gebührend ausgewertet, vielmehr, statt die zwei Dimensionen dee ewigen Lebens selbst zu bedeuten, auf via und patria verteilt.
Bonaventuras System aus Einfachheit und Unendlichkeit ist ebenfalls eine Teilharmonie den gesuohten Gesamtklanges, aber nicht dieser selbst. Dasselbe gilt für die anderen ihm entnommenen Texte. Nichts Geheiligteres läßt sich denken als das Begriffspaar condescensio / elevatio: was ist das aber für eine Mitte, in der beide Bewegungen sich treffen? Welche Vorstellung steht hinter dieser Sprache?
Der abschließende Thomas-Text endlich zeigt, wie wenig man über Augustinus hinausgelangt ist: er sagt in aristotelischer Sprache genau dasselbe wie jener auch schon. Das eigentliche Problem jedoch, wie nämlich das absolut einfache göttliche Wesen in verschiedenen Graden und Abstufungen, und doch immer Es selbst bleibend, verschiedene endliche Verstandeskräfte "quasi-informieren" könne, dieses Problem, das des Thomas Vorgänger so sehr bedrängt und bis zur Leugnung einer Glaubenstatsache getrieben hatte, es wird von Thomas in keiner Weise gelöst, sondern als Geheimnis stehen gelassen. Man darf aber zweifeln, ob die beste Grundformel für das Geheimnis eine ist, welche ohne.Rücksicht auf die stattgehabte Begegnung mit der griechischen Tradition noch auf die daraus erwachsenen vielfältigen Motive der Frühscholastik einfach die augustinische Unterscheidung auf aristotelisch wiedergibt.
Wir müssen feststellen: der Begriff der Übernatur wurde im 13. Jahrhundert zwar der Schlüssel der Theologie, selbst aber nioht systematisch erschlossen.
2) Teilhabe an Gott als Gott?
Nachdem das Konzil von Trient wider alle Anfechtungen die Wirklichkeit unserer Gotteskindschaft in helles Licht gerückt hatte, kam es bald zu einer tiefgehenden Kontroverse über das Wesen der Übernatur. Der Akzent lag jetzt weniger auf der Glorie als auf der Gnade; doch ist die Struktur der Frage dieselbe.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lehrte zu Salamanca der Dominikaner Juan Vicente aus Astorga (Asturicensis). Er formulierte als.erster (*25) die Lehre von der Übernatur auf eine neuartige Weise: die Gnade sei Teilhabe an Gott, insofern Er Gott und das unteilhabbare Sein selber ist(*26).
Trotz vieler Angriffe gegen diese erstaunliche These wurde sie in der Folge von vielen Thomisten übernommen. Vergegenwärtigen wir uns den genauen Fragepunkt: alle diese Theologen sprechen von der geschaffenen Gnade. Darum verwahrt sich Vicente gegen eine völlige Identifizierung der Gnade mit Gott in Sich selbst; sie gehöre freilich dennoch zur göttlichen Ordnung, sei der göttlichen Natur unmittelbar proportioniert - wie aber, lasse sich kaum mehr sagen(*27). Die restlose Identität mit Gott wird also nicht nur von den Gegnern dieser These, sondern auch von ihren Verfechtern der Gnade abgesprochen. Diesseits solcher Grenze ist aber kein Prädikat zu kühn.
Die Gnade ist eine Teilhabe an Gott gerade insofern Er das Geschöpf als solches überragt (*28). Sie ist in etwa mit Gott selbst univok (*29). Auch die.Geschöpfe haben schon an Gott teil, nicht aber an Gott, insofern Er Gott und unendlich ist: das eben schenkt uns die Gnade (*30). Das Geschöpf wird in Teilhabe Gott, das Sein selbst und der reine Akt; die Gnade ist Gottes höchster Effekt, in dem Seine eigene Natur sich ausdrückt! (*31). Auf die Frage, zu welchem Genus die Gnade gehöre, ist darum die Antwort "akzidentelle Qualität" nicht ausreichend; vielmehr gehört sie "reductive" zum göttlichen Genus. (*32) Sie gehört darum zu dem Wirklichkeitsbereich, der das Sein nicht nur hat, sondern ist. Bein Versuch, diese gewagten Behauptungen näher zu erläutern, bleiben unsere Theologen jedoch in vagen Bildern stecken: die Gnade hat eine gewisse Verwandtschaft mit Gott, ist irgendwie Sein unmittelbares Gleichnis (*33). So verschwommen der Begriff der Übernatur in Verhältnis zu Gottes Eigenwirklichkeit erscheint, so radikal wird die Übernatur gegen die gesamte geschöpfliche Ordnung abgehoben: hier völlige Verschiedenheit, dort eine gewisse Gleichrangigkeit mit Gott (*34).
Auf den Einwand, die Gnade könne nicht "formaliter" an der göttlichen Natur Anteil haben, weil sie sonst auch der göttlichen Attribute teilhaft sein müßte, antwortet Gonet, das sei ja eben auch der Fall: die vollendete Gnade hat teil an der Ewigkeit und Unveränderlichkeit Gottes, an Seiner Unendlichkeit und allmächtigen Herrschaft über alle Dinge. Denn die geistliche Hochzeit ist der fleischlichen nicht unterlegent: kommt es schon hier zu einer Gütergemeinschaft, dann erst recht beim Bunde Gottes mit Seiner Braut, der Seele. (*35)
Einige Thomisten (*36) drückten die These der Teilhabe an Gott als Gott auf so extreme Weise aus, daß sie sagten.die Gnade habe "secundum convenientiam formalem" an Gott teil, so daß das Attribut der Göttlichkeit in formalem, wenngleich natürlich analogem Sinn von der Gnade ausgesagt werden müsse.
Weiter kann man nicht mehr gehen; auch für die meisten Thomisten heißt das bereits die Grenze überschreiten. Die Gegner der ganzen Ansicht sind jedoch mit ihren letztgenannten Vertretern darin einig, daß dieses die logische Folge ist.
Nicht allein weil er 1584 gegen Vicente bei einer Lehrstuhlbesetzung verloren hatte (*37), sondern auch mit guten sachlichen Gründen griff Alonso Curiel, Domherr und gefeierter Professor zu Salamanca, des Dominikiners These heftig an - schon als unerhörte Neuerung. Kein Scholastiker hat sie seines Wissens je vorgetragen, noch kann sie sich auf die Redeweise der Schrift oder der Heiligen stützen. Wohl gebe es eine Teilhabe an der göttlichen Natur, nicht jedoch, sofern sie das unteilhabbare Sein selbst, die Fülle des Seins und aller Vollkommenheiten Abgrund sei. (*38)
Der Beweisgang Curiels ist äußerst einfach. Zunächst unterscheidet er zwei Arten göttlicher Vollkommenheiten. Die einen enthalten in ihrer "ratio formalis" die Gott eigene Weise; so sehr man also auch davon, daß sie Gott zugehören, abstrahieren mag, erhält man doch nie einen Begriff, der von der Gott eigenen Verwirklichungsweise absähe. Wird gedacht, was diese Begriffe formal besagen, so wird Gott selbst gedacht, insofern Er von der gesamten Breite geschaffener Wirklichkeiten unterschieden ist. Hierher gehören: Actus purus, schlechthinnige Unendlichkeit, völlige Unveränderlichkeit, Sein aus sich.
Die andere Art göttlicher Attribute sieht, formal gesehen, davon ab, ob sie in Gott oder einem Geschöpf verwirklicht sind: Weisheit, Gerechtigkeit usw. Diese zweite Art nun kann einem Geschöpfe mitgeteilt werden, die erste nicht.(*39) Was für die Thomisten ein Geheimnis paradox aussagt, ist für Curiel ein glatter Widerspruoh: Zugleich auf göttliche Weise (d.h. wesentlich, ursprünglich) und in Teilhabe die Fülle des Seine zu sein(*40)
Freilich bringen die Gegner hier eine Unterscheidung vor: man könne diese Prädikate zweifach auffassen. Unbegrenzt und wesenhaft kämen sie allein Gott selber zu; begrenzt und in Teilhabe könnten sie den Geschöpfen mitgeteilt werden.
Darin liegt jedoch für Curiel eine bloß verbale Ausflucht.
Denn entweder meint man die Rede von Gott als Gott ernst: dann
kann keine noch so subtile Abstraktion in diesem eindeutigen Begriff noch einen analogen entdecken, der doch irgendwie von den Geschöpfen ausgesagt werden könnte - ist ja von Gott gerade als Gott die Rede, sofern Er sich also von den Geschöpfen unterscheidet. Erkennt man hingegen die beigebrachte Distinktion an, so ist die gegnerische These zurückgenommen; denn zur Teilhabe gehört es, daß eine Übereinkunft im Prädikat besteht, mögen gleich die Seinsweisen verschieden sein; eine Teilhabe an Gott, sofern Er wesenhaft und unteilhabbar Gott ist, wäre also ein Widerspruch: hier wären nicht allein die Seinsweisen verschieden, sondern eben das Prädikat, an dem teilgenommen werden soll, würde durch den Begriff der Teilhabe daran in sich (nämlich als Unteilhabbarkeit Gottes) aufgehoben(*41).
Diese Auffassung wird zur Gänze übernommen und im Ton verschärft von Suarez. Er wirft Vicente vor, beim Preise der Gnade erheblich zu übertreiben und mehr rhetorisch als theologisch zu sprechen. Neue Argumente tauchen nicht auf; doch nimmt die Widerlegung bei Suarez eine besonders deutliche Form an: Wie kann die Unteilhabbarkeit teilhabbar sein? (*42) Aus Suarez schöpfen viele spätere Theologen Kenntnis und Aburteilung der These Vicentes.
Man fragt sich vielleicht, worin hier noch die Übernatur bestehen könne. Curiel und Suarez erklären nie so: Gott kommt ein geistiges Leben zu, welches über jeden geschaffenen oder schaffbaren Geist hinaus erhaben ist: an ihm können wir übernatürlich Teil erhalten. (*43) Es wäre nun sicher unhöflich, unsere beiden Theologen mit der Frage zu bedrängen, ob dieses "erhabene geistige Leben" zur ersten oder zweiten Klasse göttlicher Attribute im Sinne Curiels gehöre. Ebensowenig vornehm ist allerdings die Art, wie von ihnen die Thomisten abgetan werden. Die Kontroverse hat nie eine Lösung gefunden; noch in unserem Jahrhundert hat ein Ordensbruder des Vicente dessen These verteidigt. P. Garrigou-Lagrange formuliert die Frage so: ob die Gnade eine Teilhabe an der Gottheit sei so wie Sie in Sich ist, oder aber an der göttlichen Natur, so wie wir sie unvollkommenermaßen erkennen, als reines Sein oder reine Erkenntnis (*44). Er beantwortet die Frage im ersten Sinn: Die Gnade ist eine formelle, analoge (freilich inadäquate) Teilhabe an der Gottheit so wie Sie in Sich selber ist. (*45).
Ebenso hindert die Anerkenntnis einer tiefen und wichtigen Intuition in der thomistischen These zwei Ordenebrüder des Suarez nicht, dessen Einwände kaum gemildert aufzunehmen: "Andererseits sieht man nicht, wie nicht absurd sein soll die endliche Teilhabe einer unendlichen Vollkommenheit, insofern sie formell unendlich und reine Wirklichkeit ist." (*46)
Es hätte keinen Sinn für uns, mit den mehr als subtilen Lehrverästelungen uns zu befassen, zu welchen dieser Disput geführt hat. Das Grundproblem wird von ihnen zwar vielfach geschickt verschleiert, aber nicht gelöst. Die Thomisten stellen fest, daß es der Übernatur wesentlich ist, jedes wirkliche oder mögliche Geschöpf zu übersteigen: das bedeutet aber, will man nicht einen unmöglichen Zwischenbereich zwischen Gott und Schöpfung ansetzen, Teilhabe an eben de,, wodurch Gott Gott und über alles Geschaffene erhaben ist, d.h. an Seiner Ursprünglichkeit und Unendlichkeit. Die Gegner andererseits betonen, daß es keine endliche Teilhabe an der Unendlichkeit als solcher und keine abgeleitete Teilhabe an der Ursprünglichkeit geben kann. Daß beide Seiten recht haben, dafür spricht sowohl eine gewisse theologische Evidenz (wofern man jede in sich selbst würdigt) als auch die Zähigkeit, mit der beide .Parteien sich, von keinem Argument angefochteh, Jahrhunderte hindurch behauptet haben. Man muß sich aber fragen, ob es für das Geheimnis nicht ein Begriffskleid geben sollte, welches die Wahrheit beider Seiten in sich bärge.
3) Ungeschaffene und geschaffene Gnade
Karl Rahner schreibt über die Gnadentheologie der Vergangenheit:
"Die scholastischen Theorien sehen durchweg, so sehr sie sich auch voneinander unterscheiden, die Einwohnung und Verbindung Gottes mit dem gerechtfertigten Menschen ausschließlich begründet in der geschaffenen Gnade. Dadurch, daß die geschaffene Gnade der Seele mitgeteilt ist, teilt Gott sich der Seele mit und wohnt ihr ein. Das, was wir also die ungeschaffene Gnade nennen (d,h. Gott als dem Menschen sich schenkender), ist eine abhängige Funktion von der geschaffenen Gnade. Der Grund dieser Auffassung scheint leicht einzusehen: "Ungeschaffene Gnade" (Gottes Selbstmitteilung an den Menschen, das Einwohnen des Geistes) besagt eine neue Beziehung Gottes zum Menschen. Diese kann nur gedacht werden als gegründet in einer seinshaften absoluten Veränderung des Menschen selbst, die der wirkliche Grund der neuen wirklichen Beziehung des Menschen zu Gott ist, auf der die Beziehung Gotten zum Menschen beruht." (Schriften I,352)
Dieser Grundansatz hat die scholastische Theologie in das eben dargestellte Dilemma gebracht; ihr von dort herauszuhelfen vermag er nicht. Es gibt jedoch innerhalb der Scholastik auch eine andere Blickriohtung. Sie ist in unserer Zeit von zwei bedeutenden Theologen unabhängig voneinander wieder eingenommen worden (*47) und hat zu einer fruchtbaren Kontroverse geführt, die das Problem bedeutend geklärt hat. Da die internationale Diskussion sich mehr an de la Taille anschließt, beschränken wir uns hier auf die markantesten Etappen dieses erregenden theologischen Gespräches unserer Zeit über die Übernatur.
a) Geschaffene Verwirklichung durch ungeschaffene Wirklichkeit"
De la Taille unterscheidet zwischen Aktuierung und Informierung. Informierung heißt ein Verhältnis von Potenz und Akt, wenn die Potenz als solche für den Akt notwendig ist, wenn er nur mit ihr zusammen ein Ganzes bildet, mithin nicht nur die Potenz vom Akt, sondern auch er von ihr abhängt. Die Aktuierung als solche aber besteht darin, daß der Akt sich der Potenz mitteilt und von ihr aufgenommen wird: es geschieht eine Vereinigung, ein Geschenk seiner selbst, ohne daß dies für den Akt eine Veränderung bedeutet. Im natürlichen Bereich ist jede Aktuierung auch Informierung, überall herrscht Weohselbezüglichkeit. Übernatürlich gibt es dagegen eine Aktuierung, die keine Informierung ist; Gott schenkt Sich selber Seinem Geschöpf, ohne dadurch abhängig oder in Sich verändert zu werden. Die Veränderung liegt ganz auf Seiten des Geschöpfes: "Diese Veränderung ist nicht nichts, sie ist etwas. Sie ist gewiß nicht das ungeschaffene Sein, welohes unveränderlich ist; sie ist nicht die geschaffene Potenz, die ihr Subjekt ist und von Ihr informiert wird. Sie ist etwas Geschaffenes in der Potenz, eine der Potenz eingegossene Anpassung an den Akt, zugleich aber die Aktuierung der Potenz durch den Akt. Darum: geschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt" (*254).
Darauf wird gezeigt, wie diese Hypothese sich in den drei Geheimnissen der Gottesschau, der heiligmachenden Gnade und der Menschwerdung verwirklicht: jeweils steht eine geschaffene Wirklichkeit zu Gott selbst in einem innigen Verhältnis, das keineswegs nur als das eines Werkes zu seiner Wirkursache bestimmt werden kann, sondern eher als das einer Potenz zu ihrem Akt - immer aber ohne eigentliche Informierung, so also, daß der Akt in Sich selber unverändert bleibt. All dies werden wir vom heiligen Thomas gelehrt. (255)(*48)
b) Erste Kritik und Erwiderung
"Geschaffene Aktuierung durch geschaffenen Akt: ja, das ist etwas, das wir kennen; ungeschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt, das auch: so ist bei der Gottesschau das göttliche Wesen durch es selbst der Akt, der den menschlichen Verstand aktuiert, aber diese Aktuierung ist ungeschaffen. Es gibt auch eine geschaffene Aktuierung desselben Verstandes, aber durch einen geschaffenen Akt, das lumen gloriae ... Übrigens: seit wann unterscheidet sich eine Aktuierung von dem betreffenden Akt? Eine Aktuierung durch den Akt, das ist der Akt; wie die Informierung durch die Formalursache die Form selber ist. Folglich ist eine geschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt eine contradictio in terminis."(*49)
So läßt der neuen These Urheber seinen (nicht reinweg erfundenen) Gegner sprechen. Was antwortet er ihm? Er unterscheidet zwischen actuare und actuari: jenes ist durchaus ungeschaffen, mit Gott völlig identisch, dieses aber gehört der Potenz als ihre Wirklichkeit an und ist folglich endlich wie sie.
"Man sage nicht, im Falle einer Aktuierung durch ungeschaffenen Akt sei nur das dem Akt Eigene zu behalten - ohne irgendetwas, das ihm im Subjekt als passive Aktuiertheit entspräche, Das ist unmöglich; wenn man mich aktuiert, bin ich aktuiert; daß Passive folgt dem Aktiven mit derselben Notwendigkeit, die in Bezug auf alles göttliche Wirken, so immanent und ungeschaffen es auch sei, doch immer einen geschaffenen Terminus setzt." Darauf meint der andere: der ungeschaffene Akt gibt Sich selber darein: das ist mehr als alles Geschaffene! - Durchaus, wird ihm zur Antwort: aber was ist dieses Sich-selber-Dareingeben? Es ist nichts in der Ordnung des Ungeschaffenen; denn diese ist unveränderlich. Es ist ein Geschehen, also geschaffen. Das Neue dabei ist weder der Schöpfer noch Sein Sein, noch die Kreatur, die ja schon besteht. Das Neue ist die Wirklichkeit des Schöpfers im Geschöpf. "Wenn das nicht neu ist, ist nichts geschehen; ist es aber neu, dann ist es geschaffen,"(132f) Der Dialog schließt resigniert: "Wir werden uns nie verstehen." (145)
c) Vernichtende Kritik eines Thomisten
Ein Vierteljahrhundert verging, und die geschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt, oder auch (das ist dasselbe) die Bestimmung der Übernatur als quasi-formale Ursächlichkeit Gottes gewann immer mehr Anhänger.
Da ließ 1954 ein Dominikaner aus Washington einen ausführlichen Aufsatz erscheinen, der den Versuch von de la Taille aufs Schärfste angreift.(*50) Der Schluß lautet folgendermaßen:
"Diese Theorie, schwach und anfällig in ihren Grundlagen, wird heute begrüßt als 'Einführung in die reinste scholastische Tradition' ... als 'großartige Darstellung der Metaphysik der Gnade und Gottesschau' - usw. Schade, aber sie ist nichts von all dem. Sie ist neu, und gegen die Tradition; sie ist gefährlich für die Lehre und sie ist, als Metaphysik, auf Konfusion gegründet." (S.42)
Wie beweist der Verfasser diese schweren Vorwürfe?
aa) "Diese Lehre impliziert die Leugnung des Unterschieds zwischen der natürlichen und der übernatürlichen Ordnung" (2). Denn die potentia oboedientialis werde mißverstanden; dem Geschöpf komme hier eine echte Materialursächlichkeit für eine streng übernatürliche Wirklichkeit zu, d.h. eine natürliche Wirklichkeit sei mit konstitutiv für eine übernatürliche: das aber ist unmöglich.(15,21,24) Solche Anklage überrascht zunächst. Besteht nicht de la Taille ausdrücklich darauf, daß Gott das Geschöpf nicht informiert, dieses also gerade keine eigentliche Materialursächlichkeit ausübt? Das ist wahr, und doch geht der Vorwurf nicht ins Leere. Denn nicht nur Gott in Sich selbst ist ja eine übernatürliche Wirklichkeit, sondern auch Seine Anwesenheit im Geschöpf, eben das also, was de la Taille "geschaffene Aktuierung" nennt. Von ihr schreibt er aber tatsächlich: "Diese geschaffene Aktuierung der Potenz informiert ihr Subjekt; sie hängt von ihm als ihrer Materialursache ab."(*51)
Diese Konzeption nun wird schlechthin verdammt: "Jede 'geschaffene Aktuierung' welche aus einer Vereinigung von Gott als Akt und der Kreatur als Potenz entspringt, ist notwendig ein Bastard von ungeschaffen und geschaffen, übernatürlich und natürlich, unendlich und begrenzt. Es müßte etwas Mittleres zwischen Gott und Nioht-Gott sein. Es ist ein Widerspruch." (26)
bb) Die Lehre de la Tailles "beruht auf einer Konfusion von Sein und Werden, von Formal- und Wirkursächlichkeit"(2). Jener hatte die Erhebung zur Übernatur als ein Geschehen im Auge und nannte seine "geschaffene Aktuierung" deshalb auch "etwas Neues", "eine Veränderung der Potenz". Gegen diese Ansicht eine andere zu stellen kann dem getreuen Thomisten nicht schwer fallen. Denn die Veränderung als solche gehört zur Kategorie "passio", welche der "actio" gegenübersteht und mit ihr zusammen die Ordnung der Wirkursächlichkeit bildet. In der formalen und quasi-formalen Ordnung gibt es nicht actio und passio, d.h. kein eigentlichen Werden, sondern nur ein Sein: "Die Eingießung der Gnade bedeutet keine wirkliche passio in der Seele. In einem Augenblick ist Leben da, göttliches Leben in der Seele gegenwärtig, gewiß - aber es gibt keinen Prozeß, keine passio, wodurch es wird: und dies eben darum, weil die Gnade übernatürlich ist, so daß die Seele bei ihrer Hervorbringung nicht als Erleidendes mitwirken kann. Die Gnade kann Änderungen (in den Dispositionen) voraussetzen; selber jedoch ist sie keine Änderung." (22)
Das gilt erst recht für das Glorienlicht. Wenn die Theologen manchmal auch von "Veränderung" sprechen (weil wir keinen adäquaten Begriff dieses Geschehens besitzen), so meinen sie doch höchstens in einem analogen Sinn die Hervorbringung der übernatürlichen Wirklichkeit durch Gott, nicht aber deren formale Wirkung auf die Seele (24f). Die geschaffene Aktuierung wäre also sowohl eine formale Modifizierung (da das Geschöpf als ihre eigentliche Materialursache beschrieben wird) als auch etwas, das wird (weil sie eben eine Veränderung, passio des Geschöpfes ist, d.h. etwas, das gemacht wird). Formale und effiziente Kausalität geraten völlig durcheinander.
"Und ist das, bei der anderen Verwechslung de la Tailles, ein Wunder? Venn in den Schatten konfusen Denkens der Unterschied zwischen Gott und Geschöpf verdunkelt wird, kann man sich nicht wundern, daß der Unterschied zwischen verschiedenen geschöpflichen Ordnungen sich trübt."(26)
d) Antwort eines Jüngers
Eine Erwiderung konnte nicht lange ausbleiben, und sie kam aus Indien (*52). De Letter verweist darauf, daß de la Taille die Folgerungen, die Mullaney ihm unterschiebt, alle ausdrücklich geleugnet habe (S.75).
aa) Formal- und Wirkursächlichkeit hat jener sehr wohl unterschieden, doch wußte er auch, daß man sie nicht trennen kann. Die geschaffene Aktuierung verdankt sich als endliche Vollkommenheit der Wirkursäohlichkeit Gottes; doch ist sie ebenfalls "Fundament der Relation der Vereinigung, oder Wirklichkeit der Vereinigung mit dem ungeschaffenen Akt, und so gesehen gehört sie zur quasi-formalen Kausalität."(76)
bb) Ebensowenig begründet ist die Anklage auf Vermengung von Natur und Übernatur. De la Taille erklärt ausdrücklich, daß die Natur nur potentia oboedientialis zum ungeschaffenen Akt ist, dessen Selbstmitteilung übernatürlich ist. Folglich ist auch die Potenz der Natur zur geschaffenen Aktuierung (die dieser Vereinigung mit dem ungeschaffenen Akt Wirklichkeit verleiht) nur eine potentia oboedientialis. Subjekt und Materialursache (also in uneigentlichem Sinn!) wird das Geschöpf in Bezug auf sie nur darum genannt, weil sie - im Gegensatz zum ungeschaffenen Akt selber - es wirklich bestimmt. Dieser selbst ist hingegen nur Ziel einer Relation der Vereinigung.(76f)(*53)
Ein späterer Artikel des nämlichen Theologen bringt weitere Klärungen (*54). Warum spricht man von quasi-formaler Kausalität? Wegen der unveränderlichen Transzendenz Gottes. Er schenkt Sich der Seele zur Vereinigung, ohne doch davon irgend betroffen zu werden: eine wirkliche Relation der Vereinigung besteht allein in der Seele, nicht in Gott. Deshalb ist für die Vergöttlichung, die ja doch eine neue Wirklichkeit begründet, auch die geschaffene Gnade notwendig: eben weil Gottes eigene Ursächlichkeit nicht streng formal, sondern nur quasi-formal sein kann (223f).
Zu den bisherigen Kategorien hinzu wird auf Seiten der Seele der Begriff "quasi-materiale Ursächlichkeit" eingeführt.
"Die Seele ist bezüglich des göttlichen Selbst-Geschenkes reine Empfänglichkeit; ihre quasi-materiale Kausalität ist reine Passivität, doch ohne passio im Sinne einer Stütze für die ungeschaffene Gnade."(224)
Die geschaffene Gnade hingegen gehört sehr wohl zur Seele als ihrem Subjekt - freilich nicht im Sinn einer gleichrangigen Mitverursachung. Ein Subjekt aber braucht die Gnade schließlich (224). Das "quasi" bedeutet aber keineswegs eine Einbuße an unmittelbarer Einheit, sondern will nur jeden Schatten wechselseitiger Kausalität ausschließen, wie sie zwischen Form und Materie eigentlich besteht.(225)
e) Ein kühner Schritt voran: "Rein-formale Aktuierung"
1961 erfolgte ein entscheidender Vorstoß - in Australien! (*55)
Der wichtigste Abschnitt lautet: "Bei jedem Fall formaler Kausalität im natürlichen Bereich kann man zwei Aspekte sehen. Ein Akt, eine Form oder Vollkommenheit teilt sich selbst, seine eigene formale Vollkommenheit, einem anderen mit und wird dabei von dem so Vervollkommneten aufgenommen und begrenzt, und wohnt ihm ein. Diese zwei Aspekte sind in natürlichen Bereich untrennbar, aber unterschieden. Der erste ist die eigentliche Formalursächlichkeit als solohe, der zweite die eigentliche Materialursächlichkeit als solche; beide sind korrelativ. Sie finden statt bei einer Verschmelzung von Vervollkommnendem und Vervollkommnetem zur Einheit eines tertium quid, des Zusammengesetzten. Um einen wirklichen Fall von "Vervollkommnen" ohne "Aufgenommen-Werden" zu haben, bräuchten wir einen absolut vollkommenen Akt, ja die göttliche Vollkommenheit selbst, die natürlich von dem so Vervollkommneten nicht eingegrenzt oder beschränkt werden könnte. Würde diese göttliche Vollkommenheit, auf wunderbare Weise, einer endlichen Wirklichkeit gegeben, ohne aufgenommen zu werden; würde sie der innerliche und formale Grund dessen, daß das andere die göttliche Vollkommenheit als sein Eigen besäße: das könnte 'reine formale Aktuierung' oder 'reine Formalursächlichkeit' heißen." (5f)
Darauf wird aufgewiesen, wie diese Art von Identifizierung nur auf zwei Weisen möglich ist: als hypostatische und als intentionale Vereinigung:
"Wenn Gott in der heiligen Menschheit und im verherrlichten Geist eine reine, unaufgenommene Identität mit Sich selbst in einer bestimmten Ordnung erstellt,, dann kann man sagen, Er übe in Bezug auf die heilige Menschheit und den verherrlichten Geist eine reine Formalursächlichkeit aus: gerade nicht durch das Erstellen oder Bewirken dieser Identität, sondern durch das Einssein in der betreffenden Ordnung mit dem Empfänger. Die strenge Wirklichkeit der reinen Formalursächlichkeit liegt in der Identität, im'Einssein' mit dem, was Er so aktuiert und vervollkommnet: und dies 'Einssein' ist etwas, das letztlich nicht voll zu erklären ist, da es gleichbedeutend ist mit dem Kern eines übernatürlichen Geheimnisses."(7).
Der Unterschied dieser Auffassung zur eben dargestellten wird kraftvoll herausgearbeitet: "Wie unterscheiden wir uns? De Letter scheint zu sagen, daß Gott die Quasi-Form des Geschöpfes ist, wenn Er Ziel einer wirklichen Relation der Vereinigung ist, welche auf einer geschaffenen Ähnlichkeitseinheit gründet. Ich sage, daß Gott die reine Form des Geschöpfes ist, wenn Er mit dem Geschöpf (in der persönlichen oder intentionalen Ordnung) durch eine unendliche, ungeschaffene Identitätseinheit identifiziert ist." (9) (*56)
Die Grundschwierigkeit gegen die Lehre von de la Taille und de Letter ist sehr einfach: Sie spricht zwar von quasi-formaler Kausalität Gottes, wendet aber in Wahrheit die Kategorie der Formalursächlichkeit überhaupt nicht an. Gemäß scholastischer Begrifflichkeit ist eine formale Vollkommenheit dem Vervollkommneten innerlich. In der vorgeschlagenen Theorie wird aber die behauptete Innerlichkeit Gottes im Geschöpf bei der Erklärung ersetzt durch das Ineins einer Relation auf etwas, was nicht als Vollkommenheit dem Geschöpf innerlich ist, ihm vielmehr äußerlich bleibt (die Vereinigungsrelation zu Gott), und der effizient bewirkten geschaffenen Aktuierung. Die ungeschaffene Gnade ist also zwar göttlich, aber nicht formal innerlich, sondern äußeres Ziel einer Relation; die geschaffene Gnade ist zwar innerlich, aber in Bezug auf sie ist Gott nicht formale, sondern effiziente Ursache. Kurz: das "quasi" bestimmt das "formal" nicht, sondern hebt es auf. Kein Wunder, daß echte Thomisten diese Theorie als konfus ablehnen.(10f) Solche Vorwürfe können der reinen Formalkausalität nicht gemacht werden: "Hier wird der göttliche reine Akt wahrhaft, absolut und innerlich der Akt oder die Vollkommenheit des Vervollkommneten ... Sie ist nicht mit der Wirkursächlichkeit zu verwechseln, da sie kein Gefäß verlangt, wodurch sie ihre Ursächlichkeit ausübe: Sie ist ungeschaffene Aktuierung durch Ungeschaffenen Akt." (12f)
f) Die Stimme der Gegenposition. In seiner Antwort auf diese Anregung erhebt de Letter einen fundamentalen Einwand gegen die vorgeschlagene "reine Formalursächlichkeit" (*57). O'Shea war zu dieser Notion gelangt, indem er aus der Idee der Formalursächlichkeit den eigentlich nötigen Bezug zur Materialursächlichkeit ausgeschieden hatte, Solange es diesen Bezug noch gibt, ist die Formalursächlichkeit nicht rein, ihr Begriff auf Gott unanwendbar.
Bis hierher ist dieser Begriff identisch mit der Aktuierung de la Tailles (als gegen die Informierung unterschieden) und der Quasi-Formalursächlichkeit (als gegen-die eigentliche abgesetzt). Dadurch wird nun aber - und hierin liegt das Problem - auch der Gegenpol, das Subjekt, die Materialursache so sehr "gereinigt", daß jeder Bezug zur Form schwindet und bloß eine reine Potenz, vervollkommnet zu werden, ohne irgendeine innere Relation zu einem vervollkommnenden Prinzip übrig bleibt. So gefaßt, gibt es deshalb aber zwischen diesen beiden als solchen keine Einheit; sie sind gar nicht aufeinander bezogen. Sind sie tatsächlich doch vereint, aufgrund der Tat einer Wirkursache, so ergibt sich die Einheit dennoch nicht aus der Natur von Formal- und Materialursache., sondern es muß ein neuer Grund der Verbindung entstehen. (Bei Form und Materie im eigentlichen Sinn braucht es das nicht, weil sie eben aufeinander bezogen sind.) Sich allein auf die göttliche Tat zu berufen genügt nicht; denn diese Tat muß eine Wirkung setzen. Diese neue Verbindung als solche, welche die wirkliche Einheit der beiden an sich unbezogenen Größen enthält: das ist es, was de la Taille "geschaffene Aktuierung" genannt hat. (38f)
"Wenn O'Shea sagt, Gott übe in Bezug auf die heilige Menschheit und den verherrlichten Geist eine reine Formalursächlichkeit aus ... dann behauptet er das Geheimnis, gibt aber keinerlei objektiven Grund für das 'Einssein' an; es gibt dafür keinen Grund, weder in Gott, noch im Geschöpf. Dieses 'Einssein' ist nicht nur 'nicht voll erklärt', sondern u.E. überhaupt nicht erklärt. Das 'Erstellen oder Bewirken dieser Identität' verlangt gemäß den Prinzipien des hl. Thomas notwendig eine geschaffene Wirkung - sonst ist die Identität bloß verbal oder unerklärt - und diese Wirkung wird die 'geschaffene Aktuierung' sein." (40, n.14)
g) Letzter Beitrag. O'Shea ist auf diese Schwierigkeit eingegangen und mir scheint, was er jetzt vorbringt, ist die kühnste These über die Vergöttlichung, die je mit kirchlichem "Nihil obstat" erschienen ist (*58).
Er bleibt voll und ganz bei seiner früheren Behauptung:
"Die Offenbarung scheint uns zu versichern, daß die heilige Menschheit wahrhaft (persönlich) mit dem WORT und der verherrlichte Geist wahrhaft (intentional) mit Gott als Objekt vereint ist. Reale Relationen der Einheit sind sicherlich impliziert. Im Licht der Prinzipien des hl. Thomas über die Metaphysik der Einheit können solche Relationen nur aus realen, adäquaten, früheren, absoluten Fundamenten erfließen. Das einzige reale adäquate Fundament für diese realen Relationen der Einheit ist reale ungeschaffene Einheit (persönlich oder intentional). Es ist darum bei diesen Geheimnissen notwendig eine reale ungeschaffene Einheit zwischen dem Unendlichen und dem Endlichen zu postulieren." (349)
Die Lösung dieses Problems könnte in der Hypothese der reinen Formalursächlichkeit liegen:
"Bei einer nicht-rezeptiven Vereinigung - sollte eine solche möglich sein - würde die Form ganz ihre eigene Rolle behalten. Bei einer solchen höheren Vereinigung würde das Vervollkommenbare (während es in einigen Ordnungen verbleibt, was es ist) in anderen gänzlich umgestaltet werden durch Identifizierung hinein in eine höhere Einheit, welche seine eigene eminenter enthält und vollendet - eine Identifizierung ganz ohne Aufgenommenheit, d.h. ganz 'rein'. Hier, in einem tiefen Geheimnis von Identität ohne Aufgenommenheit, hätten wir die reine, aber eigentliche Formalursächlichkeit."(350)
Wie beantwortet der Autor aber nun die Frage nach dem Grund der Einheit? Er zitiert zunächst einige große Thomisten, die sich ebenfalls nicht gescheut haben, von einen ungeschaffenen Formal-Effekt zu sprechen (*59). Sodann stellt er das Prinzip auf: "Die göttliche Wirksamkeit kann allem Ursprung sein, was innerlich möglich ist." (351) Mehr als ein partielles Verständnis der inneren Möglichkeit reiner ungeschaffener Einheit haben wir freilich bisher nicht gefunden; so müssen wir auch mit einem Teilverständnis ihres Ursprungs zufrieden sein. Beide Male erreichen wir keine umfassende Erklärung" aber doch einen gültigen Ansatz.
"Ich möchte die 'potentia divina uniendi' unseres Falles mit der 'potentia generandi' und der 'potentia spirandi' in den geheimen Tiefen der Gottheit vergleichen. Dort ist natürlich das Ergebnis unendlich und unverursacht. Hier ist die reine ungeschaffene Einheit, von der ich spreche, unendlich und unverursacht."(351)
Die geheimnisvolle Einigungsmacht Gottes steht irgendwie in der Mitte zwischen seiner Schöpfermacht nach außen und der dreifaltigen Lebenskraft, Jedes dieser Extreme, im Maße sie uns verständlich sind, erhellt in etwa unser Problem.
"Ich bin mir durchaus bewußt, daß diese beiden Gedankenlinien zwar je in sich ziemlich klar sind, aber nicht zu einer einzigen Erklärung verschmelzen: doch bin ich es zufrieden, diese Beschränkung als den Anteil des Geheimnisses hinzunehmen." (352)
Versuchen wir nun, die Entwicklung von Vicente bis O'Shea als ein organisches Ganzes in den Blick zu bekommen. Zunächst heißt die Fragestellung: Teilhabe an Gott als Gott oder nicht? Der zweite Pol, das teilhabende Geschöpf selbst, tritt noch nicht in die Dialektik ein, vielmehr setzen beide Seiten gemeinsam voraus, daß diese Teilhabe etwas Geschaffenes ist. Die bejahende Antwort der Thomisten kann dann nicht erklären, wie etwas Geschöpflichen an Gott als Gott teilhaben kann; ihre Gegner geben letztlich keine Antwort auf die Frage, wie die Übernatur sich von der Natur unterscheide, wo doch beides eine gesohaffene Teilhabe an Gott ist. Der Begriff Teilhabe selbst wird nicht in Frage gestellt; nur darum, woran teilgehabt werde, geht der Streit. Auf dieser Ebene kann es aber zu keiner Lösung kommen; denn das Problem ist ja das Wesen der übernatürlichen Teilhabe als solcher.
Den entscheidenden Schritt nach vorne tut de la Taille. Er bestimmt diese Teilhabe als geschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt. Die erste thomistische Kritik wider diesen Vorstoß möchte zum früheren fraglosen Nebeneinander zurück: ungeschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen, geschaffene durch geschaffenen Akt. Diese Antwort sieht zwar eine wiohtige, von de la Taille vernachlässigte Wahrheit, geht aber methodisch nicht an, weil sie sich der endgültigen Verschärfung der Frage versagt. Das Dabeisein des Geschöpfes ist ausdrücklich zum Thema geworden: lieber wenigstens eine geschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt als nur die ungeschaffene, die für das Geschöpf nichts Neues und somit nichts bedeutet.
Trotzdem trifft die Widerlegung Mullaneys ins Schwarze: So wie die These formuliert ist, stellt sie tatsächlich eine unzulässige Vermengung von Natur und Übernatur dar: die ewige und unendliche Wirklichkeit Gottes kann nicht eine endliche Änderung einer endlichen Potenz formaliter sein. De Letter's Verteidigung schlägt demgegenüber nicht durch: wohl kann er sich gegen die von Mullaney aufgewiesenen Implikationen auf ausdrückliche Verwahrungen seines Meisters berufen: doch steht ja nicht dessen guter Glaube, sondern die Logik seines Systems in Frage. In ihm bleibt nun wirklich unverständlich, wie eine geschaffene Aktuierung zugleich endliche Wirkung und Empfängerin der unendlichen Form sein soll. Der Glaubensmut dieser These ist zu achten, eine haltbare Lösung aber ist die quasi-formale Ursächlichkeit nicht. Das hat O'Shea klar erkannt und setzt darum an ihre Stelle die reine Formalursächlichkeit, die ungeschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt. Ist das aber nicht eine bloße Rückkehr zur alten scholastischen Erklärung, die nicht nach der Natur der Teilhabe fragt? Auf diesen wunden Punkt legt de Letter mit Recht den Finger; seine Antwort entspricht genau der Erwiderung de la Tailles an seine ersten Kritiker. In der Luft reiner Formalursächlichkeit könnte das Geschöpf nicht mehr atmen, sie erklärt zwar Gott in Sich, nicht aber Gott für uns.
Der letzte Versuch O'Sheas bedeutet abermals einen entscheidenden Fortschritt. Hieß es früher unverbunden: ungeschaffene Aktuierung durch ungeschaffenen Akt und geschaffene Aktuierung durch geschaffenen Akt, so heißt es jetzt: "reale ungeschaffene Einheit zwischen dem Unendlichen und dem Endlichen." Es bleibt bei der thomistischen ungeschaffenen Aktuierung und trotzdem ist das Endliche nunmehr "irgendwie" dabei. Nicht nur als Tat nach außen ist die Vergöttlichung zu verstehen, sondern in Abalogie zu den dreifaltigen Taten nach innen. Das ist ein wunderbarer Gedanke. De la Taille's Verschärfung ist aufgenommen; nicht nur, woran, sondern auch wie das Geschöpf teilhabe, wird gefragt. Die Antwort aber genügt noch nicht. Was wird bei dieser These aus Gottes Unbegreiflichkeit? Was hindert den Theologen, diese "ungeschaffene Einheit" (die das Geschöpf in sich enthält) eigentlich "Gott" zu nennen? Und wenn er es tut, wieso wäre das kein Pantheismus?
h) Kosmische Theologie
Hier wird also nicht mehr recht einsichtig, wie nicht das Geschöpf in Gott verschwindet. In die entgegengesetzte Richtung drängt eine mehr und mehr anschwellende Strömung (man denke nur an Namen wie Teilhard oder Robinson): Gottes Göttlichkeit dürfe nicht "supranaturalistisch" als vom Endlichen geschieden und die Vergöttlichung nicht als Überspringen des Endlichen mißverstanden werden, sondern Gott ist Grund und Mitte der Welt und die Vergöttlichung ihr Zu-Sich-Selbst-Kommen dank der Gnade. Hören wir einige schöne Sätze von Karl Rahner: Oft sehe es so aus,
"als sei die Beziehung des Menschen zu dem auferstandenen Menschen Jesus eine Art Nebenbeschäftigung in der himmlischen Glorie zusätzlich zur Anschauung des dreifaltigen Gottes, eine Vorstellung, die dann mit dem Empfinden, Mythologie vor sich zu haben, nur mehr schwer fertig wird. Eis muß einfach so sein, soll das Dogma einen echten, nicht mythologischen Sinn haben, daß die Menschheit Jesu unsere Unmittelbarkeit zu Gott vermittelt." (331f) Es "deutet sich hier ein Grundgesetz christlich verstandener Erfahrung der schlechthinnigen Absolutheit Gottes an: sie ist nicht Transzendenz im Sinn eines Überspringens und Weglassens des Endlichen, sondern gerade vermittelt durch das Endliche, die 'Welt', ist ein Erreichen der in die Welt selbst (zumindest einmal in Jesus) eingestifteten Absolutheit Gottes, die deren eigenstes, ihr aus Gnade gegebenes 'Überwesen' ist, so daß das richtige und volle, sich selbst ganz eingeholt habende Verhältnis zur Welt (entsprechend ihrer eigenen Gestuftheit und eingerechnet, daß sie eine personale Welt liebend freier Kommunikation ist) die Unmittelbarkeit zu Gott selbst schon ist. Nicht darum, weil es von einem abstrakten Begriff von Welt als Kreatur her so sein müßte, sondern weil Gott sich selbst in freier Gnade Seiner Welt so eingestiftet hat und diese gnadenhafte 'Faktizität' darum so ist, daß sie ein bleibendes, unentrinnbares Existential der geistigen Kreatur ist, mit dem diese einschlußweise oder ausdrücklich, in Ja oder Nein, zu tun hat, wenn sie in freiem Selbstverständnis wirklich sich (und so Ihr "weltlich"-kreatürliches Du) findet." (60)
Man darf diese Position wohl die Theologie unserer Zeit nennen und Gott für sie danken. Dennoch sei - nicht gegen ihre Intuition, aber doch gegen die Begriffsgestalt - ein Bedenken vorgebracht. Wenn innerhalb Gottes eigener Absolutheit das Endliche weder weggelassen noch übersprungen wird, mit welchem Recht kann man dann weiterhin von zwei Naturen reden? Wenigstens die katholische Kirche kann jedoch das Dogma von Chalkedon nie aufgeben. Wenn Jesu endliche Menschheit ein Moment unserer Schau des Wesens Gottes in Seiner göttlichen Ordnung ist: worin unterscheidet sich solche Lehre von einem "kosmischen Monophysismus"? Denn hier scheint ja nun doch die göttliche Natur auf ihr "Tiefe-der-Endlichkeit-Sein, also auf die endliche zurückgeführt. Dem Dogma gemäß müssen wir aber nicht allein "ex duabus naturis" bekennen (d.h. eine unrüokführbare Verschiedenheit von Göttlichkeit und "unzentrierter", leerer Endlichkeit) sondern dazu auch "in duabus naturis" (D 259), d.h. eine bleibende Unterschiedenheit von Endlichkeit und Absolutheit, auch wenn Gott und Welt eins geworden sind! Vielleicht ist Gott gar nicht auf dem Grund der Endlichkeit, sondern - so daß sie doch übersprungen werden muß - allein jenseits ihres Abgrundes?
Wir müssen uns also eingestehen: die lateinische Theologie hat es bisher nicht zu einem allgemein anerkennbaren systematischen Begriff der Übernatur gebracht. Wer keines der aufgetauchten Wahrheitsanliegen willkürlich fallen lassen will, weiß buchstäblich nicht, was er denken soll. Für jeden der an diesem Gespräch beteiligten Theologen ist freilich seine Ansicht die mühsam gefundene Antwort früherer Fragen und als solche hinreichend. Uns aber wird eben die Reihe der Antworten zur großen Frage: Was heißt "Übernatur"?
4) Personale Kategorien
Damit noch nicht genug. Nicht nur weithin in der evangelischen Theologie, sondern auch auf katholischer Seite gibt es eine Strömung, die das gemeinsame Fundament aller bisher behandelten Ansichten zu unterspülen scheint. "Teilhabe" und "Unteilhabbarkeit" sind Grundwörter der Ontologie; "Schau" bezieht sich auf objektiv, gegenständlich Gegebenes. Das Verhältnis des begnadeten Menschen zu Gott aber ist nicht mit ontologischen, sondern allein mit personalen Kategorien zu erfassen; Gott zum Gegenstand (wenngleich als höohsten) zu nehmen ist der Grundirrtum aller hellenisierenden Theologie - bis heute.(*61) Dieses Mißverständnis einmal aufgedeckt, verschwinden viele Probleme von selbst; die Frage der unendlichen Teilhabe stellt sich überhaupt nicht: sie erwächst ja nur aus dem selbstsüchtigen Begehren des Menschen, der selbst Gott am liebsten so objektivieren möchte wie täglich seine armen Nächsten; von der Gnade wird diese Giftwurzel ausgerissen, und nicht in einem verfügbaren Gott, sondern "in Seinem Willen ist unser Friede".
"In der Liebe Gottes kommt auch die Erkenntnis zur Ruhe. Wie bereits bemerkt, ist die gegenständliche Erkenntnis, besonders da, wo sie, wie in Philosophie und Wissenschaft, selbständig und Selbstzweck geworden ist, nicht von innen her, aus ihrem eigenen Wesen begrenzt, solange sie ihren Gegenstand nicht erschöpft hat. Anders, wo diese Erkenntnis als konkrete Vertrautheitserkenntnis nur ein Moment der Liebe ist. Als eine solche Erkenntnis Christi, und nur als solche, hat die Erkenntnis auch ihren wesentlichen Platz im Aufstieg zu Gott. Die Liebe besteht im Eingehen in die Haltung dds Geliebten, darin, daß sein Wollen ins eigene Wollen aufgenommen wird. Wo der Mensch, wie in der Seligkeit, ganz dem Willen Gottes gleichförmig ist, will er nichts mehr als dieser und ist darin endgültig beruhigt und verlangt nichts darüber hinaus. Die Erkenntnis ist durch diese liebende Hingabe und Einigkeit mit Gott wie gebunden und erhält von ihr ihr Maß, und zwar nicht wie von etwas ihr Äußerem und bloß Tatsächlichem, sondern aus dem innersten Sein des gottgeeinten Menschen her. Darum hat dieses Maß nicht den Charakter von etwas, das bloß auferlegt ist. Obschon eine endliche, wenn auch alles, was wir denken können, übersteigende Erkenntnis - ein endliches Seiendes könnte keine unendliche Erkenntnis vollziehen, ohne aufzuhören, endlich zu sein und Gott zu werden, also pantheistisch unter Verlust des Selbstseins in ihm zu verschwinden -, erfüllt sie den Menschen doch, ohne noch einen Wunsch übrig zu lassen, weil sie als Moment in die personhafte Liebe zu Gott und die vollkommene Übereinstimmung mit ihm eingefaßt ist."(*62)
Was sollen wir sagen? Es ist unverkennbar, daß diese ansprechende Denkweise wie gegen ein sündiges, so auch gegen ein einseitig ontologisches Verständnis der Vergöttlichung recht hat. Zugleich scheint mir hier aber ein Rückschritt hinter das Dogma der Schau des Wesens zu geschehen. Zwar hat man durchaus das Recht, von einem bestimmten Dogma einmal methodisch abzusehen oder auch seine Kategoriensprache zu kritisieren: solange dabei aber dunkel bleibt, inwieweit.das klare Anliegen jenen Dogmas auch in der eigenen Lösung gewahrt wird, kann diese zwar für richtig, nicht aber für systematisch umfassend erachtet werden. Kann es dem Willen Gottes entsprechen, Seine Verheißung kleiner zu sehen als die Kirche es tut? Auch die personalistische Theologie für sich allein bietet keinen hinreichenden Begriff der Übernatur.
Noch dazu ist sie sich über sich selbst keineswegs klar. Die Hauptschwierigkeit scheint mir diese: Wie kann ein Geschöpf als solches persönliche Beziehungen zu Gott haben, wo einerseits Gott nicht eine Person, sondern drei Personen ist, und diese andererseits nur durch Ihre wechselseitigen Bezüge überhaupt Personen sind, also doch schwerlich Sich als Personen nach außen beziehen können! Auf dieses Kernproblem der vielverhandelten Inhabitationsfrage gibt anscheinend keiner der zahllosen Beiträge eine befriedigende Antwort(*63). Ein personalistisch gefaßter Wesensbegriff der Übernatur wird aber von ihr nicht gut abstrahieren können.
Auch nach Überwindung dieser Schwierigkeit würde jedoch eine nur personalistische Theologie nicht ausreichen: wie soll man sich denn ein echtes Verhältnis von Person zu Person denken ohne irgendeine natürliche Gemeinsamkeit mindestens als seine Folge? Deshalb weist die Synthese, wie wir sie etwa neuerdings bei Flick - Alszeghy finden(*64), sicher in die rechte Richtung. Dort wird die ontologische Einheit als materiales Moment, die gegenseitige Freundschaftsliebe als formale Bestimmung des übernatürlichen Verhältnisses genommen. Ontologie und Personalismus sind hier tatsächlich begrifflich zueinander in Beziehung gesetzt.
Doch sei es erlaubt, gegen diese Lösung drei Einwände vorzubringen: 1) Mit welchem Recht werden zwei Momente geschöpf1icher Verbindung mit dem Absoluten einander als Form und Materie über- und untergeordnet? Kann es hier nicht leicht zu einem dialektischen Umschlag kommen: gerade das ist der unbegreifliche Gipfel der göttlichen Liebe, daß sie uns nur deshalb als sich schenkende Person bleibend gegenübertritt (materiales Moment), um uns dann in der Einheit einer Natur ewig zu uns selbst, weil zu Sich kommen zu lassen (formales Moment)? Wenn auch dieser Satz für die christliche Hoffnung sein Recht hat, dann bedeutet der beschriebene Systemversuch eine unvermerkt willkürliche Einseitigkeit. 2) Solange das ontologische Moment in sich nicht klar ist, kann es das auch nicht als Bestandteil einer Synthese sein. 3) Das gleiche gilt vom personalistischen Moment.
Das Ergebnis muß also sein: Mit dem bisher in der westlichen Theologie verfügbaren Begriffsbesteck ist es trotz des Einsatzes vieler und guter Kräfte bisher nicht gelungen zu erklären, was die Kirche mit "Übernatur" wirklich meint. Man weiß nur, daß sie ("constitutive, consecutive, exigitive") nicht der geschöpflichen Ordnung angehört noch Gott selber noch auch etwas neben oder zwischen Gott und der geschöpflichen Ordnung ist. Wie sie jedoch innerhalb dieser nicht allzu weiten Grenzen noch positiv zu denken sei, darüber gibt es keine unanfechtbare Ansicht und schon gar keinen Konsens.
5) Waren die Väter rechtgläubig?
Noch einmal verschärft sich das Problem. Bisher ging es nur um spekulative Fragen. Was die Übernatur eigentlich ist, können wir zwar nicht sagen (schließlich ist sie auch ein Geheimnis), aber wir glauben doch wenigstens fest an ihre einstige Vollendung in der Schau Gottes.
Entspricht das aber der biblischen Botschaft und dem beständigen Glauben der Kirche? Machen wir uns jetzt mit der letzten hier zu behandelnden Kontroverse vertraut; es ist in mancher Hinsicht die bedeutsamste. Denn spekulative Provokationen kann ein Theologe, wenn gewisse Probleme ihm weniger liegen, ungestraft als Haarspaltereien beiseite schieben - der sichere Glaube genügt. Hier aber stand eben dieser Glaube selbst zur Debatte - und schien diese auch versunken, so ist sie doch nach wie vor unentschieden und ihrer Vergessenheit von orthodoxer Seite bereits wieder entrissen worden.
Die Hauptpartner des Streites waren die beiden Jesuiten Vazquez und Suarez(*65). Vazquez (1551-1604) spricht einmal (*66) von dem Irrtum der Armenier und gewisser neuerer Griechen, Gott könne auch von den Seligen nicht nach dem Wesen geschaut werden, sondern nur durch ein Gleichnis oder von Ihm ausstrahlendes Licht.(c.1) Das zweite Kapitel beginnt mit der erstaunlichen Behauptung, manche der bedeutendsten Kirchenväter kämen dieser Ansicht sehr nahe (*67). Hier ist vor allem Chrysostomos zu nennen, der sogar den Engeln die Schau Gottes bestreitet. Auf vierfache Weise versuchten die Scholastiker ihn zwar rechtgläubig zu deuten (er schließe eine körperliche Schau aus, er spreche vom Menschen in diesem Leben oder vom Begreifen Gottes; oder er meine endlich die bloß natürliche Schau ohne das stützende Glorienlicht). All diese wohlmeinenden Unternehmungen fruchten aber nichts, Die Texte sind,zu klar.
Nach Chrysostomus kommen Basilius und Gregor von Nyssa, dazu Epiphanius, die beiden Kyrille, Theodoret und einige minder bedeutende. Und damit noch nicht genug: auch unter den lateinischen Vätern sind etliche betroffen: Ambrosius, Hieronymus, Primasius und Isidor von Sevilla, so erklärt Vasquez, hätten alle gelehrt, Gott könne, "sicuti est", nicht erkannt werden. Er beschließt dann diese seltsame Liste mit einem Bekenntnis sowohl zur historischen Ehrlichkeit wie zum entgegengesetzten Glauben (*68).
Angesichts dieses unerhörten Skandals bezieht Suarez (1548 -1617) klar Stellung. Er weigert sich a priori, die von Vazquez ans Licht gezerrten Fakten anzuerkennen (*69). Es fänden sich keine Stellen, welche nicht die fromme Auslegung der Unsichtbarkeit auf die Unbegreiflichkeit hin zuließen. Während er einige andere Väter gegen jede mögliche Anklage verteidigen will, gelingt es ihm nur, zwei weitere (Cyprian und Athanasius) durch Zitierung überdeutlicher Stellen ebenfalls zu verdächtigen.
Suarez erklärt also die Väter innerhalb des ganz verschiedenen scholastischen Rahmens; seine Absicht, sie nicht einfach als materiale Häretiker stehen zu lassen, ist löblich, die Methode aber tatsächlich nicht ehrlich genug. Das glaubte auch ein dritter Jenuitentheologe, Ruiz de Montoya (1562-1632) und schloß sich insofern, gegen Suarez, Vazquez an. Dennoch wollte auch er die Väter gegen ihren Ankläger in Schutz nehmen - auf dem umgekehrten Wege aber, indem er nämlich die scholastische Lehre der Unbegreiflichkeit im Licht der Väteraussagen deutete. Das Ergebnis ist äußerst lehrreich: er gelangt tatsächlich, mitten in der Barockzeit und ohne daß ob der allzugroßen Subtilität er oder seine Zensoren es merkten, wieder auf den Stand der 1241 verurteilten Ansicht zurück: es gibt zwischen dem, was Gott selbst sieht und dem, was der Selige schauen darf, einen Unterschied nicht nur im subjektiven Akt, sondern notwendiger Weise auch in dessen Formalobjekt selber (*70).
Bedenkt man, daß die Einfachheit Gottes reiner Form jede Unterscheidung von Material-, Formal- und Formalstobjekt wohl hinfällig macht, so wird man Lossky recht geben, wenn er diese These "einer Art Agnostizismus" sich nähern sieht (517): Wenn Gott Sich selbst, letztlich und eigentlich, doch etwas anderes als uns ist, dann hat es keinerlei Sinn, von einer Schau Seines einfachen Wesens zu sprechen.
Wir stehen mithin vor einem bei allem Ernste doch eleganten Trilemma: Vazquez verdächtigt fast die gesamte alte Kirche eines dogmatischen Irrtums größten Ausmaßes, Suarez verbiegt bei seiner Widerlegung die geschichtliche Wahrheit, Ruiz rettet die Väter nur, indem er den klaren Glauben der späteren Kirche wieder verunklärt. Es hieße nun unsere theologischen Vorfahren gröblich mißachten, wollten wir es ihren geringen Fähigkeiten zuachreiben, daß dieser Engpaß ihnen zu steil blieb. Ohne taugliches Werkzeug kann auch der Begabteste nichts zustandebringen. Es liegt darum wohl bereits im Grundbestand der scholastischen Begrifflichkeit ein Mangel verborgen.
Ich wüßte nicht, wie man ehrlicherweise zu einem anderen Ergebnis kommen will. Die dogmatische Autorität der Kirchenväter ist der des hl. Thomas nicht unterlegen. Außerdem ist der hl. Thomas nicht als inspiriert, sondern als Denker von der Kirche auf den Leuchter gestellt: einem Denker treu sein, heißt aber mitnichten auch das an seinen Gedanken als groß hinstellen, was zu bedenken er nie einen Anlaß sah. Was Thomas klar gesehen und deutlich ausgesprochen hat, dem werden wir nicht widerstehen; warum aber sollten wir weiterhin - und gar noch stolz - eine unübersehbar gewordene Armut seiner Grundkategorien auch dann noch dulden, wenn uns woandersher Hilfe winkt?
Als Gesamtergebnis dieses problemgeschichtlichen Teiles darf wohl gelten: Weder die natürliche Schöpfertat Gottes noch Seine übernatürliche Tat der Vergöttlichung hat in der lateinischen Theologie eine ausgewogene begriffliche Klärung gefunden. Vielmehr scheint eine Reihe unlösbarer Kontroversen darauf hinzudeuten, daß noch so geschicktes Hantieren mit den verfügbaren Begriffen nicht zum Ziele führt. Weit davon entfernt, das Geheimnis zu begreifen, sind wir nicht einmal fähig, es verständlich auszusagen. Unverzeihlicher Dünkel wäre es in dieser Lage, wollten wir die Hilfe des Palamismus als einer von Grund auf verschiedenen Theologie leichthin in den Wind schlagen. "Besser zwei als eins; denn sie genießen ihrer Arbeit wohl. Fällt ihrer einer, so hilft ihm sein Gesell auf. Weh dem, der allein ist! Wenn er fällt, so ist kein anderer da, der Ihm aufhelfe." (Pred 4,9f)
Anmerkungen (*1) Reiches Material findet sich in den Arbeiten von DONDAINE, CONTENSON und ALONSO.
(*2) CONTENSON, Avicennisme 91; vgl, DONDAINE, objet 62f.
(*3) Lukaskommentar, I,n.25 (PL 15,1544)
(*4) CONTENSON, Avicennisme 93 f;(n.218).
(*5) ebd 94
(*6) FULGENTIUS, Epistula XIV,31; PL 65,420C
(*7) Der gerügte Satz lautet: "Anima Christi videt Deum tam clare et intense, quantum clare et intense Deus videt seipsum." (Id.oct.1435; Mansi 29,109)
(*8) "Videbimus igitur Deum, si per coelestem conversationem supra homines esse mereamur. Nec tamen ita videbimus sicut videt ipse seipaum. Longe quippe dispariliter videt creator se, quam videt oreatura creatorem. Nam quantum ad immensitatem Dei, quidam nobis modus figitur contemplationis, quia eo ipso pondere circumscribimur, quo creatura sumus." (Moralium L. XVIII,c.54,92;PL 76,95)
"Ne enim sit in desiderio anxietas, desiderantes satiantur; ne autem sit in satietate fastidium, satiati desiderant. Et desiderant igitur sine labore, quia desiderium satietas comitatur; et satiantur sine fastidio, quia ipsa satietas ex desiderio semper accenditur." (ebd PL 76,94)
"Sed profecto non ita conspicimus Deum sicut ipse conspicit se, sicut non ita requiescimus in Deo quemadmodum ipse requiescit in se. Nam visio nostra vel requies erit utcumque similis visioni vel requiei illius, sed aequalis non erit. Ne enim jaceamtus in nobis, ut ita dicam, contemplationis penna nos sublevat, atque a nobis ad illum erigimur intuendum, raptique intentione cordis, et dulcedine contemplationis, aliquo mode a nobis imus in ipsum, et iam hoo ipsum ire nostrum minus est requiescere, et tamen sic ire perfecte requiescere est. Et perfecta ergo requies est, quia Deus cernitur, et tamen adaequanda non est requiei illius, qui non a se in alium transit ut quiescat." (ebd 96)
(*9) "Non enim essentia divina Deus solummodo dicitur, sed etiam modus ille quo se quodammodo intellectuali et rationali creaturae prout est capacitas uniuscuiusque ostendit, Deus saepe a Sacra Soriptura vocitatur. Qui modus a Graecis theophania, hoc est, Dei apparitio solet appellari ... Non enim ipsum Deum per semetipsum videbimus, quia neque angeli vident: hoc enim omni creaturae impossibile est ... sed quasdam factas ab eo in nobis theophanias contemplabimur," (De divisione naturae I,8-10;Pl 122,446C & 448C)
(*10) "Sicut erit differens clarificatio corporum, ita differens gloria erit animarum. Stella enim a stella, idest, electus ab electo, differt in claritate, mentis et corporis. Alii enim aliis vicinius clariusque Dei speciem contemplabuntur ..." (Sententiarum L.IV, d.49,1;PL 192,958)
(*11) "Par gaudium omnes habebunt, etsi disparem cognitionis claritatem, quia per caritatem quae in singulis erit perfecta, tantum quisque gaudebit de bono alterius, quantum gauderet si in seipso haberet. Sed si par erit cunctorum gaudium, videtur quod par sit omnium beatitudo; quod constat omnino non esse. Ad quod dici potest quod beatitudo par esset si ita esset par gaudium, ut etiam par esset oognitio: sed quia hoc non erit, non faciet paritas gaudii paritatem beatitudinis." (ebd 4;959)
(*12) "Alio modo videbitur Deus in futuro quam nunc, quia positive: et intelligent omnes beati quomodo tam Pater quam Filius quam Spiritus Sanctus sua natura sit Deus et tamen ipsa natura; intelligent etiam quomodo usia sit in opifice et tamen opifex sit usia. Sed quomodo hoc erit, modo non potest intelligere homo, quia intellectus noster ita hebes est ut amminiculum formae exposcat qd hoc ut aliquid intelligat; tamen in futuro ita altabitur intellectus quod non exposcet amminiculum formae, immo oomprehendet id quod est prout est ... Quod autem dicitur Deus incomprehensibilis, ad tria referendum est: scilicet ad statum praesentem in quo comprehendi non potest; et ad alium modum oomprehendi, quia alio modo comprehenditur quam aliae res; et ad naturam ipsius, quae plenarie nec in via nec in patria comprehendi potest." (Summa "Quoniam Homines", DONDA1NE, objet 104f.)
(*13) DONDAINE, objet 110,Z.102. Begründet wird das so: "Prior est essentia quam virtun, et virtus quam operatio; in cognitione autem e converso: actus enim primi et priores sunt potentiis secundum rationem, ut dicit philosophus, et finis primus in ratione, Idem est ergo intelligere essentiam ut essentiam quam intelligere punctum separatum a linea: quale intelligere solius Dei est. Si ergo oportet intelligi, debet intelligi per potentiam, quae per actum." (ebd Z.115 ff.)
(*14) "Non videbitur ut essentia, sed ut virtus. Si videretur ut essentia, quia essentia simplicissima est, videretur plane; unde a quibus videretur ut essentia, videretur plane sicut a Patre et Filio et Spiritu Sancto. Sed dico quod ab humano intellectu videtur ut virtus. Sic autem est plura quodammodo; Dionysius: 'Omnia est ut omnium causa', ut autem causa est, infinita virtus est." DONDAINE & GUYOT, Guerric 232,105)
(*15) "Infinitum dicit rationem quanti, essentia non; ergo infinitas ibi non est secundum essentiam ... Infinitas est secundum potentiam et virtutem, quia non potest in tot quin possit in plura; unde infinitas determinatur in Deo secundum fluxum ad creaturas. Essentia de se non dicit fluxum, ergo infinitas ibi non est ex parte essentiae. Inde ut prius quod non impedit totum videre." "Quod obicitur 'quomodo Deus in se ipso videbitur cum sit simplex', respondeo sine praeiudicio quod bene verum est quod Deus simplex est et infinitus, at non ex eadem ratione est infinitas et simplicitas, ut visum est. Unde cum simplicitas sit ex parte essentiae, ex parte illa non erit infinitas; et ideo infinitas non impedit quin essentia in ratione essentiae tota videatur." (Ebd 239,55;242,165)
(*16) (Philosophi) "verum dicunt de intellectu materiali, qui de potentia ad actum egreditur: nec aliud quam ipsi dicunt intelligi potest, dummodo sciat homo quid dicat aut intelligat. Sed in patria non erit sic: ibi enim incircumscriptum lumen deitatis, quod est Deus ipse, unitur intellectui agenti, et sic effunditur substantialiter super totam animam et implet eam: et hoc modo anima plena erit ipso Deo qui est sua beatitudo." (In IV.Sent d49 a5)
(*17) In,III.Sent d14 a1.
(*18) "Ad illud, quod infinitum non capitur a finito, dicunt aliqui quod capere infinitum est dupliciter, scilicet quantum ad essentiam, et sic capitur; et quantum ad virtutem, et sic non capitur: sicut punctus a linea totus attingitur secundum substantiam, sed non totaliter secundum virtutem. Sed ista solutio non videtur solvere, quia in Deo idem est essentia quod virtus, et utraque est infinita.
Ideo dicendum quod duplex est infinitum: unum quod se habet per oppositionem ad simplex; et tale non capitur a finito, quale est infinitum molis; aliud est, quod habet infinitatem cum simplicitate, ut Deus; et tale infinitum, quia simplex, est ubique totum, quia infinitum, in nullo sic est, quin extra illud sit. Sic intelligendum est in cognitione Dei. Et ideo non sequitur, quodsi cognoscitur totus, quod comprehendatur, quia intellectus eius totalitatem non includit, sicut nec creatura immensitatem." (In I.Sent d3 p1 q1 a43)
(*19) "Ad illud quod obicitur, quod (anima) non capit nisi finite, dicendum, quod infinitum bonum finite capit, quoniam ipsa est finita. Sed quoniam bonum illud est infinitum, ideo ab ipso totaliter absorbetur, ut iam eius capacitas undique terminetur. Unde non tantum gaudebit, sed, sicut dicit Anselmus, in gaudium Domini introibit. Quod si tantum caperet et non vinceretur nec absorberetur, adhuc posset insurgere appetitus ad amplius aliquid capiendum. Patet igitur quod ad hoc quod anima compleatur, quamvis capacitatem habeat finitam, tamen necesse est adesse bonum infinitum." (In I.Sent d1 a3 q2 ad2)
(*20) "Et ideo, cum intelligit Deum, non agit anima in Deum, sed Deus influit in animam, in qua influentia Deus condescendit per gratiam, et anima elevatur et efficitur deiformis." (In III.Sent d14 a1 q3 ad6)
(*21) "Satians nostrum appetitum sicut obiectum solus Deus est, ad quem capiendum humana anima ordinatur. Satians autem sicut informans est ipsa influentia Dei in animam quae est ipsa deiformitas et satietas." (In IV.Sent d49 q1)
(*22) "Actio non attribuitur formae tantum, quae est principium actionis, sed composito; sicut calefactio calido, non calori tantum: et ideo actionem oportet mensurare non solum secundum subiectum formae. Sed forma quae non est per se subsistens, non habet alium modum a modo subiecti, quia non habet esse nisi inquantum est astus talis subiecti; et ideo mensura formae est mensura compositi: sed forma quae est per se subsistens, habet aliquem modum, inquantum est res quaedam subsintens, et quemdam modum, secundum quod est actus talis subiecti: et hic modus accipitur secundum mensuram, qua perfectibile pertingit ut perficiatur tali forma; et ex hoo modo mensuratur actio. Essentia autem divina est per se subsistens: et ideo visio quae per eam fit in intellectu creato, non mensuratur secundum modum infinitum, qui est ipsius essentiae secundum se, sed secundum modum quo intellectus pertingit ad hoc quod per ipsum. perficiatur. Ad hoc autem pertingit inquantum ei coniungitur per lumen gloriae, quod est finitum: et ideo finita est ex parte videntis." (In IV.Sent d49 q2 a3 ad6)
(*23) ALONSO, Teofania 30
(*24) Im folgenden wird lediglich gedrängt referiert, was URDANOZ und GARCIA FERNANDEZ in ihren Artikeln ausführlich.mit vielen Texten belegen.
(*25) URDANOZ 65
(*26) "Gratia per se primo est formalis quaedam expressio et participatio divinae naturae, secundum id quod excellentius est et divinius in ipsa natura Dei; est enim eius participatio quatenus est ipsum Esse imparticipatum et independens, omnem praehabens essendi plenitudinem." (URDANOZ 67)
(*27) "Quod cum statuimus gratiam esse formalem participationem naturae divinae prout est ipsum esse ac totalis essendi plenitudo, minime asseverare intendimus quod gratia est ipsum esse imparticipatum aut tota ipsa entitatis plenitudo, haec enim perfectio tanta soli divinae naturae, nullique creatae formae potest competere: sed tantum asserimus gratiam quandam esse divini ordinis qualitatem, quae immediatam habet proportionem cum ipsa Dei natura, tamquam cum proprio suae emanationis principio, in ipsaque proinde, supernaturali et fere indicibili modo ipsa divinitatis perfectio secundum omnem illam rationem exprimitur, secundum quam divinitas participabilis est in creatura intellectuali." (URDMZOZ 69/28)
(*28) Petrus de LEDESMA: "Gratia est quaedam participatio Dei secundum illam amplissimam et totalem rationem qua Deus excedit omnem creaturam." (URDANOZ 78)
(*29) LEDESMA: "Gratia est veluti effectus univocus Dei, sed quodammodo et secundum quandam rationen, et secundum aliam est aequivocus. Est quidem univocus nam est eiusdem ordinis et rationis cum ipso ... est autem aequivocus quia est participatio Dei, et omnis participatio, ut participatio, deficit ab univocatione." (URDANOZ 87/54)
(*30) GONET: "Gratia sanctificans est participatio physica divinae naturae, etiam formaliter et reduplicative ut infinita est et actus purus habetque totam essendi plenitudinem." (URDANOZ 79/40)
(*31) BANEZ: "Creatura, sicuti est Deus per participationem, ita est actus purus et esse subsistens per participationem. Ad hoc autem non est necesse quod gratia sit actus purus et Deus, sed sufficit quod sit effectus altissimus Dei quo eius natura exprimitur et participatur." (URDANOZ 80)
(*32) VICENTE; bei GARCIA FERNANDEZ II 12
(*33) LEDESMA: ".Pertinere ad divinum ordinem nihil aliud est quam habere affinitatem et cognationen cum ipso Deo; et esse ordinis rerum quae sunt suum esse, nihil aliud est quam habere affinitatem et coniunctionem vel cognationem cum ipso esse per essentiam, et esse quandam immediatam similitudinem participatam a Deo, secundum quod est totum suum esse." (GARCIA FERNANDEZ II 38/63)
(*34) VICENTE: "(Deus) ut auctor naturae operatur per ideas quas effectus producti imitantur modo quodam deficienti et improportionato ipsi Deo secundum eum essendi modum quo habet esse in semetipso. At prout auctor est gratiae, operatur effectus eiusdemmet ordinis cum ipsomet Deo, et qui eius divinum esse essentialesque perfectiones excellenti quodam modo ipsis Dei perfectionibus proportionato et connaturali imitantur." GARCIA FERNANDEZ II 52/99)
(*35) GONET, Clypeus Theologiae Thomisticae, t.IV tr.VIII, De Gratia disp.2 a.4, n.63-68
(*36) Z.B. ARAUJO (URDANOZ 85) und GRANDI (GARCIA FERNANDEZ 37/61
(*37) URDANOZ 70
(*38) D. Joannis Alphonsi CURIELis Lecturae seu Quaestiones in D.Thomae Aquinatis Primam Secundae, In q110 a3, dub 1 §5; ed. Antverpiae 1621, S.618 b B
(*39) "Ens per essentiam, aut imparticipatum et independens, et plenitudo essendi, et pelagus aut abyssus perfectionum omnium, pertinent ad primum genus perfectionum: ergo non possunt communicari gratiae aut alteri creaturae secundum convenientiam formalem. Ergo neque gratia neque aliqua alia creatura potest esse participatio formalis Dei secundum has rationes: quia idem est esse participationem formalem alicuius perfectionis, et habere communicatam per participationem eandem perfectionem secundum convenientiam formalem." (Ebd S.619 b C)
(*40) "... manifestam involvit repugnantiam, quia simul convenirent formaliter eidem creaturae opposita praedicata, scilicet esse talem per essentiam et per participationem." (Ebd D)
(*41) Ebd S.619f
(*42) "Videtur magna implicatio dicere qualitatem aliquam participare divinum esse, prout imparticipatum est, nam, eo ipso quod divinum esse participatur, non participatur ut imparticipatum est, formaliter loquendo, sed prout participabile; licet ipsum esse Dei, quod participatur, alioqui sit in Deo, non participatum ab alio. Hoc autem modo omnes creaturae participant esse Dei, quod in ipso imparticipatum est, quasi materialiter; non tamen participant ipsam imparticipationem divini esse (ut sic dicam), quia illa imparticipabilis est." (De Gratia,l.VII cap.1,n.27)
(*43) CUR1EL: Ebd §17,S.624; SUAREZ: ebd n.30
(*44) GARRIGOU-LAGRANGE, Participation de la Déité 472f
(*45) Ebd 474
(*46) FLICK-ALSZEGHY, Vangelo della Grazia 556
(*47) De la TAILLE, Actuation oréée par Acte incréé (1928);K.RAHNER, Zur scholastischen Begrifflichkeit der ungeschaffenen Gnade (1939)
(*48) K.RAHNER selbst hält seine eigene Löaung (die sich ebenfalls auf die thomistische Visio-Lehre beruft) für "dasselbe" (369 Anm.1), obwohl er sie etwas anders ausgedrückt hat. Nach ihm "kann es grundsätzlich auch nicht unmöglich sein, eine formale Wirkursächlichkeit Gottes auf ein Geschöpf zuzugeben, ohne daß diese selbst wieder rückwirkend in das Sein Gottes in sich selbst eine neue Bestimmung hineinträgt, die seine absolute Transzendenz und Unveränderlichkeit aufheben würde."(358)
(*49) Entretien 129
(*50) Mullaney, The Incarnation ...
(*51) Actuation 257
(*52) De LETTER, Created Actuation ...(1957)
(*53) Eine ausführliche Kontroverse fast nur über diesen Punkt ist die Diskussion MACOMBER / MULLANEY (The Thomist 22/1959, 233 - 277. Dort zu Beginn auch eine reiche Bibliographie)
(*54) De LETTER, Divine Quasi-Formal Causality (1960)
(*55) O'SHEA, Pure Formal Actuation (1961)
(*56) Ebd 9; noch kürzer und straffer heißt es: "To put the point briefly, for Father de Letter the perficient gives its formal perfection to the perfected by terminating extrinsically an inhering real relation of union, while for me the perficient gives its formal perfection to the perfected by being the intrinsic and absolute act of the perfected." (9f)
(*57) De LETTER, "Pure" or "Quasi"- Formal Causality? (1963)
(*58) O'SHEA, Pure Uncreated Unity (1963)
(*59) Z.B. schreibt Johannes a S.Thoma in Bezug auf die Gottesschau:
"Et sic effectus formalis qui resultat, est increatus formaliter: sed participative communicatio eius creata est, et in tempore; sieut enim ex unione Personae divinae resultavit hunc hominem esse subsistentem in persona Increata, sibi tamen creato modo communicata: ita ex unione divinae essentiae ad intellectum, resultat esse intelligibiliter deificatum intellectum, mode tamen creato et finito; immo est ipsemet Deus intelligibiliter talis intellectus, eo modo quo cognoscens dicitur ipsum oognitum intelligibiliter, et quasi transformative." (In Iam p. disp.13 a4 n.14; ed.Solesmes II,175)
(*60) K,RAHNER, Warum und wie können wir die Heiligen verehren? 331-3
(*61) Nicht sehr hoch schätzt darum C A.BRUNNER die Visio-Lehre der Scholastik: "Nach der Art, wie man den gewöhnlichen Seh- und Erkenntnisvorgang zu erklären versuchte, folgert man auch, daß für diese Schau die essentia Dei die Form des geschaffenen Intellekts wird, was an andern Stellen wegen der unhaltbaren pantheistischen Folgerungen, die man daraus ziehen könnte, wieder abgeschwächt wird, ohne aufgegeben zu werden.Wie das Schauen eines Gegenstandes erfordert diese Schau nur die entsprechende .Erkenntnisfähigkeit, die das Geschöpf allerdings aus sich nicht besitzt; dann scheint der Gegenstand, die essentia Dei, sich im Übrigen ebenso passiv dem übernatürlich erhöhten Erkennen darzubieten wie jeder andere Gegenstand.
(*Die Erkenntnis, die man bis dahin allein philosophisch untersucht hatte, war eben die Dingerkenntnis, die Erkenntnie des Gegenständlichen. Diese Erkenntnis ist ja der Reflexion am leichtesten zugänglich. Die Erkenntnis fremder Menschen als solcher war damals noch gar nicht zu einem Problem geworden; übersiet es doch noch Kant vollständig. Die gegenständliche Erkenntnis hat jedoch das Besondere, daß ihr Maß nur von der Erkenntniskraft des Erkennenden und vom Sein des Gegenstandes, nicht aber von einer freien Entscheidung und Zuwendung des zu Erkennenden, bestimmt wird. Zu ihrem natürlichen Ende kommt darum diese Erkenntnis erst, wenn sie ihren Gegenstand erschöpfend erfaßt hat, was bei Gott natürlich nie möglich ist." (Gott schauen 217)
(*62) Ebd 221 f.
(*63) Das ist das Ergebnis des Überblioks von HAIBLE (1959). Er schreibt zum Schluß, in Bezug auf einen nten Erklärungsversuch: "Solange nämlich nicht erklärt ist, wieso und womit der Mensch die innergöttlichen Beziehungen mitmacht, ist hier nichts als eine weitere Behauptung aufgestellt."(26)
(*64) Vangelo della Grazia 493. Vgl. in der lateinischen Ausgabe (De Gratia Christi, Romae 1962, S.398): "Ratio formalis inhabitationis invenienda est in amicitia."
(*65) Eine ausführliche Darstellung siehe bei LOSSKY, "Vision face à face".
(*66) In Iam Partem S.Thomae, disp.37
(*67) "Ceterum, quod caput est, non longe ab hac sententia fuisse videntur nonnulli ex gravioribus Ecclesiae patribus."
(*68) "Hos patres, si sincere loqui velimus, vix possumus in bonum sensum interpretari, ut ex dictis manifestum est. Omnes enim eodem modo quo Chrysostomus, loqui videntur. Oppositam tamen sententiam esse amplectendam, sequenti capite monstrabo." (c.4)
(*69) "Non est tamen verisimile tam apertum errorem et scripturis manifeste contrarium oommuni consensu tantorum patrum receptum fuisse; fuisset enim intolerabilis lapsus." (De divina substantia L.II c.7 n.18)
(*70) "Nec ulla visio beatifica poterit esse comprehensiva Dei; quia licet divinam essentiam habeat pro obiecto formali, non respicit illam sub eadem ratione formalissima totaliter, adaequate, et exacte penetrantis. Quapropter, absolute loquendo, divinae scientiae et visionis beatificae formale obiectum non est prorsus idem in ratione cognoscibilis et obiecti." (De scientia ... ac de vita Dei, disp.VII,sect.9 n.5; ed. 1629 S.60)
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